Im Test: Diese Klappräder eignen sich für die Bahn und die Großstadt
Ein gängiges Argument von Autogegnern ist, Autos stünden meist herum und beanspruchten wertvollen urbanen Raum zu Lasten der Radler. Gleichzeitig beansprucht die Radlerklientel mehr Platz, um ihre ausladenden, hakeligen Bikes in der Stadt oder in Nahverkehrszügen zu parken. In einigen RE-Zügen hat man deshalb Sitze zugunsten des Radtransports ausgebaut. Die Nichtradler müssen bei vollen Zügen jetzt wutschnaubend im Stehen reisen.
Aber der Kampf um Verkehrsraum ist nicht alternativlos. Seit Erfindung des Fahrrads gibt es findige Leute, die darüber nachdenken, warum man Schirme, Stühle oder Bügelbretter bei Nichtgebrauch platzsparend zusammenfalten kann, sperrige Fahrräder aber nicht. Zu ihnen gehört der britische Landschaftsgärtner Andrew Ritchie. Er entwickelte zu Beginn der 80er-Jahre Start-up-mäßig in seinem Schlafzimmer das Brompton-Faltrad. Es ist vor allem in vielen Ballungsgebieten der Welt ein Verkaufsschlager, und es ist kein Zufall, dass die Firma in London produziert, einer der Pendlerhauptstädte Europas. Mittlerweile sieht man das eigenwillig konstruierte Rad auch verstärkt auf den Straßen Berlins und in den Bahnen.
Die Gründe sind leicht nachvollziehbar. Ausgeklappt fährt das Teil mit Industriekugellagern, einer für zügiges Berliner Tempo übersetzten Schaltung und den Schwalbe-Leichtlaufreifen trotz seiner kleinen 18-Zoll-Räder so flott wie ein normales Rad. Binnen 20 Sekunden mit wenigen Handgriffen zusammengeklappt, hat es nur die Größe eines mittleren Rollkoffers. Das Brompton-Paket parkt dezent neben die Sitze und darf sogar in den ICE mitgenommen werden. Weil Platzsparen auch den Bahnen nutzt, gibt es bei den Verkehrsbetrieben in Hamburg und anderen Städten in Kooperation mit dem Radhandel sogar verbilligte Falträder.
Ganz nach dem Berliner Lifestyle
Wenn Patrick Möller ins Theater oder ins Restaurant geht, gibt er nicht nur seine Jacke an der Garderobe ab, sondern auch sein kompakt zusammengelegtes Rädchen. Das passt auch unter den Tisch in der Lieblingskneipe, weshalb es draußen nicht geklaut werden kann. Diese Vorzüge erkennen in den vergangenen Jahren immer mehr Radfahrwillige. Möller fand das Konzept, durch die Stadt zu radeln, ohne sich mit einem 28-Zoll-Bike-Trumm zu belasten, so überzeugend, dass er vor sieben Jahren den Laden Boxbike in Prenzlauer Berg aufmachte, der auf Falträder spezialisiert ist. Das Geschäft geht gut und spricht vor allem ein urbanes Publikum an, das gar nicht oder nur noch wenig Auto fährt und ein Rad braucht, das leicht mit Bahn oder Carsharing-Auto kombinierbar ist. Der in Berlin unvermeidliche Lifestyle spielt wohl auch eine Rolle, wenngleich Falträder konstruktionsbedingt nicht die sportliche Eleganz eines elegant designten Fixies haben, mit dem man vor der Szenekneipe ein Style-Statement abgeben kann.
Falträder bewirken eher hochgezogene Augenbrauen oder die Frage, wie sich so ein Kinderrad wohl fahre. Gut, wissen die Nutzer, von denen etliche ihre „großen“ Fahrräder kaum noch benutzen, wie Kunden dem „Faltraddirektor“ Christoph Beck berichten. Beck betreibt den ältesten Laden für faltbare Räder in der Charlottenburger Goethestraße, kennt seit 28 Jahren die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Radtypen und baut Räder auch nach Kundenwünschen um.
Probefahrten können sich lohnen
Generell empfiehlt der Experte bei Falträdern, die immer einen Kompromiss zwischen Fahrbarkeit und Faltbarkeit darstellen, eine ausführliche Beratung und eine noch ausführlichere Probefahrt. Denn die Räder haben auch Eigenschaften, mit denen nicht jeder auf Anhieb zurechtkommt. Die in PR-Prospekten liebevoll „Falter“ genannten Räder sind nämlich mitnichten schmetterlingsleicht, sondern selten unter 13 bis 15 Kilogramm zu haben. Das dicke Zentralrahmenrohr und der Faltmechanismus müssen etwas aushalten und wiegen entsprechend. Durch die kleinen Räder ergibt sich zudem oft ein Fahrverhalten, dass die einen „wendig“ nennen, die anderen „nervös“. Vor dem Kauf sollte man wissen, ob man eher auf Asphalt in der Stadt herumgurkt und in der Bahn viel auf- und zufalten muss, dann empfiehlt sich ein Modell mit kleinem Packmaß und gutem Faltmechanismus.
Will man auch lange Strecken im Umland oder auf sandigen Waldwegen fahren, sollte man sich eher das Birdy oder ein Dahon mit breiteren, mindestens 20-Zoll-großen Rädern ansehen. Und vorher das Sparkonto checken. Denn moderne Falter sind meist mit der gleichen, hochwertigen Technik wie normale Räder ausgestattet. Kleiner heißt nicht unbedingt billiger. Wenigstens kann man sich die rund 1 400 Euro aufwärts für Birdy, Brompton & Co ein bisschen schönrechnen. In der Bahn gelten sie als kostenloses Handgepäck, während für Normalräder eine Fahrradkarte gelöst werden muss. So werden teure Falträder mit jeder Bahnfahrt billiger.