Immobilienverkäufe: Grundstücke für 30.000 Wohnungen gesucht
Berlin - Wir könnten schon, wenn wir nur dürften – so beschreibt Holger Lippmann, Geschäftsführer des Liegenschaftsfonds, die aktuelle Situation seines Unternehmens. Das verkauft seit mehr als zehn Jahren im Auftrag des Senats öffentliche Immobilien, die Land und Bezirke nicht mehr benötigen – meist gegen Höchstgebot. Doch in Zukunft sollen eher Nutzungskonzepte und Sozialverträglichkeit berücksichtigt werden.
Denn es ändert sich gerade einiges in Berlin. Der neue Senat hat das Ziel ausgegeben, 30.000 neue Wohnungen zu schaffen. Besonders in der Innenstadt, weil dort die Mieten zuletzt exorbitant steigen. Dieses Ziel wirkt sich unmittelbar auf die Arbeit des Liegenschaftsfonds aus, wie Lippmann sagt: „Unser Fokus ist nicht mehr der Höchstpreis, der beim Immobilien-Verkauf zu erzielen ist, sondern wir verkaufen so, dass kulturelle und soziale Ansiedlungen gefördert werden.“
Finanzsenator guckt aufs Geld
Heißt das also, man verkauft jetzt Grundstücke – etwa an landeseigene Wohnungsunternehmen – billiger oder verschenkt sie gar, umso preiswerten Wohnraum zu schaffen, wie es der neue Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) angedeutet hat? So einfach ist es auch wieder nicht: „Wir haben keinen politischen Auftrag, Grundstücke zu verschenken oder unter Verkehrswert abzugeben“, sagt Lippmann. Man dürfe das auch gar nicht, denn in der Satzung des Fonds stehe noch immer der Höchstpreis als Auftrag. „Wir dürfen erst dann nach anderen Kriterien verkaufen, wenn die Politik die Satzung und das Prozedere dazu ändert und alles auch rechtssicher macht.“ Ansonsten drohten Klagen unterlegener Bieter.
Die neue Finanz-Staatssekretärin Margarethe Sudhof, die demnächst auch den Vorsitz im Aufsichtsrat des Liegenschaftsfonds übernimmt, räumt diesen „Zielkonflikt“ ein: Auch wenn angestrebt werde, die soziale Mischung in der Stadt zu erhalten, gucke der Finanzsenator – natürlich – zuerst aufs Geld. Sudhof: „Aber wir arbeiten an rechtswirksamen Vorgaben für die neue Senatslinie.“
Beim Liegenschaftsfonds ist man darauf vorbereitet. Eine erste Liste mit potenziellen Wohnstandorten ist fertig. 250 Objekte für mehr als 1.800 Wohneinheiten sollen möglichst ab dem Frühjahr vermarktet werden
Wenig Grundstücke im Zentrum
Allerdings liegen nur 23 Grundstücke davon in Mitte, die meisten sind in Randbezirken wie Treptow-Köpenick und Marzahn-Hellersdorf. Zum Verkauf stehen unter anderem das ehemalige Haus der Statistik am Alexanderplatz, das abgerissen werden kann. Dort kann ein Hochhaus mit 15 Etagen und gut 350 Wohnungen sowie Gewerbeeinheiten entstehen.
Wohnungen sollen auch auf den Buckower Feldern in Neukölln, am Petriplatz in Mitte, an der Fischerhüttenstraße in Zehlendorf sowie am Humboldthafen in Moabit entstehen. Bei letzterem ist man aktuell mit Investoren für zwei Filetgrundstücke im Gespräch – auf bis zu 21.000 Quadratmetern Fläche sind Wohnungen und Gewerbe in Wasserlage möglich. Auch das denkmalgeschützte Kinderkrankenhaus Lindenhof in Lichtenberg soll Wohnstandort werden, so Lippmann: „Die Klinik zieht Mitte des Jahres aus, dann kann dort ein Mix aus Alt- und Neubau entstehen.“
In den nächsten vier Wochen wolle der Senat zudem über die Ausschreibung des Amerika-Hauses in Charlottenburg entscheiden: „Noch ist unklar, ob dort ausschließlich kulturelle Nutzung vorgesehen ist“, sagte Lippmann. Klar sei schon, dass ein Neubau hinter dem Hauptgebäude möglich ist.
Im vergangenen Jahr verkaufte der Liegenschaftsfonds gut 122 Hektar an Investoren. Dem Landeshaushalt flossen dadurch gut 151,1 Millionen Euro zu. Ein Fünftel mehr als gedacht, sagte Lippmann: „Es war ein gutes Jahr.“Zu den wichtigsten Verkäufen des Vorjahres zählt Lippmann neben einem Jugendheim in Kühlungsborn ein Objekt an der Chausseestraße in Mitte. Dort entsteht ein Hotel- und Veranstaltungszentrum der Titanic-Gruppe. Das historische Nikolai-Haus in Mitte ging an die Stiftung Denkmalschutz, und am ehemaligen Blumengroßmarkt in Kreuzberg debattiert eine Jury gerade über ein künftiges Kunst- und Kreativquartier. Lippmann: „Vielleicht haben wir ja bald auch das Rathaus Wilmersdorf im Angebot.“