Jüdisches Restaurant: Kochen unter Aufsicht

Berlin - Kürzlich lernte ich einen Rabbiner aus Chicago kennen, ich sollte ihn zum koscher Essen ausführen. Der Rabbi erzählte, er sei Koscher-Beauftragter seiner Region. Das heißt, er stelle sicher, dass es genügend koschere Metzger, Cafés und Restaurants gibt. Für den Raum Chicago scheint das gut zu funktionieren. Der Rabbiner sah nicht verhungert aus.

Berlin dagegen ist etwas im Rückstand. Es gibt einen koscheren Lieferservice, zwei, drei koscher zertifizierte Restaurants und seit Kurzem den Koscher Classroom, ein auf Jiddisch gestyltes Restaurant in einer ehemaligen jüdischen Mädchenschule. Ich entschied mich für das King David. Das Restaurant gehört zum jüdischen Bildungszentrum Chabad Lubawitsch in Wilmersdorf, wo es ziemlich versteckt hinten im Erdgeschosses liegt, neben dem Gebetsraum der Synagoge.

Mir gefiel der komplett in Walnuss gekleidete Speisesaal. Das Restaurant ist offiziell zertifiziert und untersteht einem Rabbi, in diesem Fall Rabbi Teichtal. Er kontrolliert, dass die Kaschrut-Gesetze eingehalten werden. Ob die Küche ein gutes Hummus, „gefilter Fisch“ oder „Latkes“ - Kartoffelpuffer mit Lachs - beherrscht, hat ihn nicht zu interessieren. Es geht nur darum, ob die strengen jüdischen Speisegesetze befolgt werden.

Garantiert käferfrei

Eigentlich. Doch auch ein Rabbi isst gerne, Teichtal hat vor Kurzem einen neuen Koch eingestellt. Wolfgang Lenhardt steht zusammen mit seiner Frau in der Küche. Beide sind Christen. Für ein koscheres Restaurant ist ein Christ in der Küche ungewöhnlich. Ein Christ darf zum Beispiel für einen Juden kein Feuer machen, auch keine Eier aufschlagen, erklärt mir der Chicagoer Koscher-Beauftragte. Vermutlich warten wir deshalb auf unsere Vorspeisen. Denn wenn Lenhardts eine Herdplatte brauchen, müssen sie jedes Mal den „Maschgiach“ bitten, einen eigens eingesetzten Küchenaufseher.

Schließlich kommen viele kleine Schalen: nordafrikanisch inspiriertes „Cous-Cous“, israelisches Auberginenmus „Hazilim“, russischer Salat, eingelegte Rote Bete, koreanischer „Kimchi“-Kohl und gebeizter Lachs aus Norwegen. Den Kaschrut-Gesetzen sei Dank dürfen Lenhardts keine Fertigprodukte und Gewürzmischungen verwenden, weil Konservierungsstoffe nicht als koscher gelten: Dill, Petersilie, der Kohl, die Auberginen, die Erbsen, die Bohnen sind frisch. Alles Gemüse wird so lange in Salzwasser eingelegt und geschrubbt, bis garantiert kein Käfer mehr drinsteckt.

Milchiges ist verboten

Es ist mein erstes koscheres Essen, wüsste ich es nicht, würde ich es nicht merken. Außer vielleicht, dass mir etwas saure Sahne für die Rote Bete fehlt. Milchiges ist dem King David verboten, sonst bräuchte es eine zweite Küche mit eigenen Messern, Töpfen und Tellern, weil Milch und Fleisch strikt getrennt werden. Dem Chicagoer Rabbi schmeckt es ausgezeichnet, mich irritiert ein wenig die wilde Zusammenstellung der Speisen und der frische Knoblauch, der bis auf den Fisch überall durchschmeckt. Der gebeizte Lachs mit Meerrettich ist mein Favorit, damit er koscher ist, muss ihn der Maschgiach unzerlegt und noch mit Schuppen sehen.

Hauptgericht ist heute „Plov“. Von dem georgischen Reisgericht gibt es über 60 Zubereitungsvarianten, etwa mit Lamm, Rind oder Schwein. Die Lenhardts haben Reis mit zuvor angebratenen Zwiebeln, Karotten und Hühnchenteilen gekocht und darüber frische Tomaten, Zwiebeln und Koriander gestreut.

Ganz ehrlich? Meins ist es nicht. Mir ist der Reis zu fad und die Hähnchenstücke zu lange gekocht. Der Rabbi lobt es. Nun gut, er muss immer koscher essen. Ich nicht.