Kältestationen in Berlin: Die BVG öffnet zwei U-Bahnhöfe nachts für Obdachlose

Die BVG lenkt im Streit um die Öffnung von U-Bahnhöfen für Obdachlose im Winter ein, wenn auch zähneknirschend. Sie wird am Mittwoch die Stationen Moritzplatz (Kreuzberg) und Lichtenberg als Kältebahnhöfe öffnen.

Zuvor hatte der Senat in seiner Sitzung am Dienstag die „Erwartung“ geäußert, dass die BVG als landeseigenes Unternehmen und Zuwendungsempfänger ihrer sozialen Verantwortung nachkomme, wie Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) es formulierte.

Die BVG, die im vergangenen Winter die Stationen Südstern und Lichtenberg als Kältebahnhöfe nachts geöffnet hatte, wollte das zuletzt nicht mehr tun. Die Menschen, die dort Zuflucht gesucht hätten, seien unter anderem wegen der Stromschienen in Lebensgefahr geraten, weil sie ins Gleis kletterten und sich dort erleichterten.

Sanitäranlagen und Sozialarbeiter

Das Ersatzangebot der BVG, nie in Betrieb genommene Bahnhofsbauwerke am Innsbrucker Platz und an der Turmstraße zu nutzen, hatte der Senat nach Begehungen abgelehnt. Auch der Fußgängertunnel zwischen dem Haus des Reisens und dem Haus des Lehrers am Alexanderplatz habe sich als ungeeignet erwiesen. Es mangele an Treppen, Notausgängen oder Luftzufuhr, in den Rohbauten der Stationen gebe es zudem die Gefahr abzustürzen.

Die Senatorin wies am Dienstag darauf hin, dass ihre Verwaltung für Toiletten vor den Bahnhöfen und eine Betreuung der Obdachlosen durch Sozialarbeiter und Streetworker sorgen werde.

Die BVG beugte sich dem Votum den Senats – auch wenn die Vorstandsvorsitzende Sigrid Evelyn Nikutta deutlich machte, dass sie dies gegen ihren Willen tut. „Da uns klar war, dass am Ende wieder alles an uns hängen bleibt, haben wir vorsorglich die beiden Bahnhöfe ausgesucht, die Vorräume haben, die etwas weiter von den Bahnsteigen entfernt sind. Unter der Voraussetzung, dass am Mittwoch die von Senatorin Breitenbach zugesagten Sanitäranlagen vor den Ausgängen an der Straße stehen und Aufsichtspersonal vor Ort ist, öffnen wir am Mittwochabend beide Bahnhöfe.“ Die Reinigung will die BVG übernehmen.

Hilfe zu verweigern sei menschenunwürdig

Den Vorschlag der Wirtschaftssenatorin und BVG-Aufsichtsratsvorsitzenden Ramona Pop (Grüne), die effektiv 1500 freien Plätze in Tempohomes (Wohncontainern), in denen bis vor kurzem noch Flüchtlinge untergebracht waren, jetzt der Kältehilfe zur Verfügung zu stellen, wies Breitenbach zurück. Wer nicht in vorhandene Unterkünfte der Kältehilfe gehe, werde auch nicht in die Tempohomes ziehen. Außerdem mangele es an Betreibern, und Tempohomes seien vielfach nur Flüchtlingen vorbehalten, weil sie unter Sonderbaurecht für deren Unterbringung errichtet worden waren. Und nicht zuletzt benötige man Reserven für den Fall, dass die Flüchtlingszahlen wieder steigen.

Ein Argument, dass die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus nicht geltenlassen will. „Die leerstehenden Tempohomes können den Obdachlosen ein Dach über dem Kopf geben, ohne dass die Unterbringung von Flüchtlingen gefährdet wird“, erklärten übereinstimmend Maik Penn, sozialpolitischer Sprecher der Fraktion, und Cornelia Seibeld, integrationspolitische Sprecherin. Die Unterkünfte in der kalten Jahreszeit leer stehen zu lassen und denjenigen Hilfe zu verweigern, die sie dringend benötigen, sei menschenunwürdig.

Kältebusse werden nur von wenigen Obdachlosen genutzt

Breitenbach sagte, dass Bahnhöfe als Übernachtungsmöglichkeit lediglich einer besonderen Gruppe von 80 bis 100 Obdachlosen angedient werden sollen, die ansonsten nicht zu bewegen seien, Schlafplätze der Kältehilfe aufzusuchen. Die Gründe dafür seien vielfältig. Das reiche vom Alkoholverbot über das Verbot, seinen Hund mitzubringen, bis zur gesundheitlich begründeten Unfähigkeit, mit vielen Menschen in einem Raum zu schlafen.

Breitenbachs Sozialstaatssekretär Alexander Fischer (Linke) ergänzte, dass auch bei großer Kälte nur jeder vierte oder fünfte Obdachlose bereit sei, in einen Kältebus einzusteigen und sich in eine Unterkunft bringen zu lassen. Die über Berlin verteilten 1200 Plätze der Kältehilfe, zur Zeit zu 80 Prozent belegt, würden laut Breitenbach ansonsten ausreichen. Das zeigten die Erfahrungen der vergangenen Jahre.

Die Berliner Kältehilfe war 1989 von Kirchengemeinden, Wohlfahrtsverbänden und Senat ins Leben gerufen worden. Damals gab es 60 Plätze, sagte Staatssekretär Fischer, vor fünf Jahren waren es schon um die 600, aktuell sind es doppelt so viele.

Vom 1. November bis 31. März sind zwei Busse unterwegs, in denen Obdachlose versorgt werden und die sie in Notunterkünfte bringen können.

Der Kältebus der Berliner Stadtmission, täglich von 21 und 3 Uhr unterwegs und kann telefonisch unter 0178/523 58 38 angefordert werden.

Das entsprechende Angebot des DRK heißt Wärmebus, operiert von 18 bis 24 Uhr und ist erreichbar unter 0170/910 00 42.