Klimawandel in Potsdam: Park Sanssouci kämpft gegen das große Baumsterben
Die Dürre der vergangenen Sommer hat den Bäumen in den weltbekannten Parks der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten massiv zugesetzt. Nun müssen immer mehr alte Bäume gefällt und neue gepflanzt werden.

Am Mittwoch weht ein leichter Wind über Potsdam und treibt die Flügel der uralten Windmühle am Rand des Parks Sanssouci an. Am Eingang zur weltberühmten Parkanlage steht der Alte Fritz und spielt Querflöte. Mit dieser kleinen Vorführung unterhält ein Darsteller die vielen Besucher, die zum Schloss pilgern.
Sie sehen all das Grün ringsum, die Büsche, die fast 30.000 Bäume dieses Parks, der seit 1990 Teil des Unesco-Weltkulturerbes ist. Doch die meisten Besucher sehen nicht, wie schlecht es den legendären Parks aus der Preußenzeit inzwischen geht. Und das liegt nicht etwa an der mangelnden Pflege, sondern am Klimawandel.
Landschaftsarchitekt Ralf Kreutz ist einer von drei Revierleitern im Park Sanssouci. „Die drei Trockenjahre in Folge seit 2018 haben unseren Bäumen mächtig zugesetzt“, sagt der 56-Jährige. Im vergangenen Sommer habe es immerhin ein wenig Entspannung gegeben. „Da hat es sogar im Juni richtig geregnet und wir hatten im August sattgrüne Wiesen.“ Doch in diesem Jahr sieht es schon wieder nach Dürre aus, die Wiesen sind trocken und die Schäden an den Bäumen nehmen weiter zu.
Die Bäume sterben von oben nach unten ab
Der 56-Jährige zeigt auf drei alte Eichen. Bäume, die vor bald 200 Jahren gepflanzt wurden. Damals als der Gartenarchitekt Peter Joseph Lenné den Park erschuf. Eine der Eichen sieht selbst für Laien arm aus: Die halbe Krone fehlt. Die armdicken Äste waren so vertrocknet, dass die Gärtner sie absägen mussten. Blattwerk ist kaum noch vorhanden. Und schon wieder ragen dicke trockene Äste aus der Krone.

„Der Baum wird vielleicht noch ein paar Jahre überleben“, sagt Kreutz. Aber irgendwann treibt im Frühjahr kein Grün mehr aus. „Dann reicht die Kraft nicht mehr, um die Äste zu versorgen.“ Das Ende des Baumes sei absehbar. „Die meisten Besucher sehen es nicht gleich“, sagt Kreutz, denn durch die enorme Zahl der Bäume wirke der Park fast überall grün. „Aber wer die Wipfel der Bäume genauer anschaut, sieht die Schäden.“ Bäume sterben von oben ab. Wenn die Schäden unten am Stamm zu erkennen sind, ist es meist zu spät. Vorher sind schon die Kronen schwer geschädigt. „Es gibt viel Trockenholz in den Wipfeln, die Krone ist nicht mehr dicht und grün, sondern licht.“
Und so geht es immer mehr Bäumen, die die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in Potsdam und Berlin betreut. Das sind immerhin 80.000. Kreutz schätzt, dass in Sanssouci etwa 70 bis 80 Prozent aller Bäume geschädigt sind. Eine wirklich dichte und völlig intakte Baumkrone findet er kaum noch. Das ist ein großes Problem: Denn nun ist der Park eigentlich in seiner perfekten Phase. Als er vor 200 Jahren angelegt wurde, haben die Gartenarchitekten überall Baumgruppen gepflanzt wie diese drei Eichen. Nun haben sie das Alter und die Größe erreicht, um genau das Landschaftsbild zu ergeben, das einst geplant war. Doch ausgerechnet jetzt beginnt das große Baumsterben in Sanssouci & Co.
Bis vor einigen Jahren fielen um die 600 Liter Niederschlag pro Jahr. Im Dürrejahr 2018 waren es nur 300 Liter. Und es waren drei Trockenjahre in Folge. Die längste zusammenhängende Dürre seit Beginn der Wetterbeobachtungen. Deshalb weiß niemand, ob sich die Bäume von den Schäden wieder erholen.

Der Park muss inzwischen 20 bis 30 Prozent mehr Geld für Neupflanzungen ausgeben. Kreutz nennt noch einige Beispiele, die das rasante Fortschreiten der Schäden verdeutlichen: Vor der aktuellen Dürreperiode war nur ein Kollege dafür zuständig, dass er mit einem Wasserwagen ein- bis zweimal pro Woche durch den Park fuhr, um neu gepflanzte Bäume zu gießen. Inzwischen seien es zwei Leute, die ununterbrochen im Einsatz sind. Früher mussten die neuen Bäume nur die ersten drei, vier Jahre bewässert werden. Jetzt sind es die ersten zehn Jahre. Da dafür nicht genügend Personal da ist, werden junge Bäume nun auch mit den großen Wassersäcken am Stamm versehen, wie sie auch überall in Berlin zu sehen sind. Dort sind 100 Liter Wasser drin, die langsam an die Bäume abgegeben werden. Für Kreutz ist das nur eine Notlösung.
Wissenschaftliche Untersuchungen
Er geht davon aus, dass vor allem diese alten, bis zu 30 Meter hohen Bäume akut vom Klimawandel bedroht sind. Dazu kommen dann Stürme wie im Frühjahr. Da stürzten 122 alte Bäume um. Auch, weil sie durch die jahrelange Trockenheit geschwächt und von Insekten befallen waren. „Schon jetzt ist klar, dass sich die Parkbilder stark verändern werden“, sagt Ralf Kreutz. Doch die Stiftung steuere mit zahlreichen Projekten dagegen.
Deshalb wird auch bei der Potsdamer Schlössernacht am 19. und 20. August auf ein Nachhaltigkeitskonzept gesetzt, damit der ökologische Fußabdruck der Veranstaltung mit 40.000 Besuchern im Park möglichst klein ist. Durch neue Lichttechnik wird bei der Beleuchtung der Wege fast 90 Prozent der Energie eingespart. Das Feuerwerk wird durch ein Leuchtspektakel ersetzt und so der Ausstoß von Kohlendioxid und Feinstaub massiv gesenkt.
Am Ende des Rundgangs kann die Stiftungssprecherin Svenja Pelzel noch eine hoffnungsvolle Nachricht verkünden. Sie zeigt auf eine kahle Stelle in einem Waldstück. Dort stand einst ein riesiger Baum, der der Trockenheit zum Opfer fiel. Da die schattenspendende Krone fehlt, ergibt sich eine 40 mal 40 Meter große Fläche, auf die nun Sonne fällt. Dort haben die Gärtner fast 100 kleine Bäume gepflanzt. Aber nicht solche aus der Baumschule, sondern solche, die irgendwo im Park von ganz allein ausgetrieben sind. Das wird Naturverjüngung genannt. „Wir gehen davon aus, dass Bäume, die von selbst austreiben, besser zum sich ändernden Klima passen und überlebensfähiger sind“, sagt sie. Das Projekt wird von Wissenschaftlern begleitet, damit die Erkenntnisse auch in anderen Parks genutzt werden können.