Die Berliner Wasserbetriebe wollen in acht Meter Tiefe unter dem Mauerpark einen Wasserspeicher anlegen. In dem 700 Meter langen Stauraum soll bei starkem Regen das gesamte Abwasser aus der Kanalisation aufgefangen werden, damit es nicht mehr, wie bisher üblich, in die Spree und in die Panke geleitet wird. Dieses ungeklärte Abwasser verursacht in den Gewässern extremen Sauerstoffmangel. Nach heftigen Regengüssen sterben die Fische. In der Innenstadt werden traditionell Abwasser und Regenwasser in einem Kanalsystem gesammelt und ins Klärwerk geleitet. Bei starkem Regen ist dieses System überfordert.
Das soll sich mit dem Ökoprojekt ändern, das die Wasserbetriebe und der Senat seit 1999 umsetzen. An vielen Orten in der Stadt gibt es bereits solche unterirdischen Staubecken. Nun ist der Mauerpark dran. Der Stauraumkanal dort ist der längste im Programm. Er verbindet die Kanalisation zwischen Eberswalder Straße und Gleimstraße. Bei starkem Regen können etwa 7000 Kubikmeter Abwasser in den Kanal fließen. Das wird nach dem Ende eines Unwetters ins Klärwerk gepumpt.
Etwa zehn Millionen Euro kostet das Vorhaben. Geplanter Baubeginn ist 2016. Am Parkeingang Eberswalder Straße soll es, so der Plan, eine etwa 1 000 Quadratmeter große Baustelle geben für die Tunnelbohrmaschine und Baustellenzubehör, für Tieflader und die Rohre, die einen Durchmesser von 3,80 Meter haben. An der Gleimstraße wird eine kleinere Baustelle mit einem unterirdischen Pumpwerk eingerichtet.
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Doch kaum werden die Pläne bekannt, regen sich Anwohner auf. „Sie müssen das mit den Bewohnern bereden!“, fordert Heiner Funken vom Verein Weltbürgerpark, der sich für einen Mauerpark ohne Wohnbauten einsetzt. Er droht den Verantwortlichen bei Wasserbetrieben und im Bezirksamt: „Sonst planen Sie bald alles von vorn!“ Die Anwohner müssten mitentscheiden, was im Mauerpark passiert. Alexander Puell vom Verein „Freunde des Mauerparks“ sagt, ihm habe es die Sprache verschlagen, als er von den Plänen erfuhr. „Massive Baugruben sind ein empfindlicher Eingriff in den Mauerpark und seine Nachbarschaft und in der vorgestellten Form nicht akzeptabel.“ Über die Pläne müsse „ergebnisoffen“ diskutiert werden.
Das tun die Wasserbetriebe schon seit einigen Jahren. 2009 begannen die Gespräche mit dem Bezirksamt Pankow. Auch dort gab es von Anfang an Widerstand gegen den Tunnel. „Die Begeisterung für das Vorhaben war nicht sehr groß“, sagt der Stadtrat für Stadtentwicklung, Jens-Holger Kirchner (Grüne). Am liebsten wäre es dem Bezirk gewesen, der Tunnel wäre auf der anderen Seite des Mauerparks gebaut worden, der zum Bezirk Mitte gehört. Dort allerdings hätte sich aber nur ein mehrfach gekrümmter Kanal bauen lassen, ergaben Prüfungen.
Sechs Varianten gab es, die baulich einfachste Lösung scheint nun die Mauerpark-Variante. Doch kompliziert bleibt es trotzdem: Denn während die Wasserbetriebe eine durchgängige Bauzeit von zwei Jahren favorisieren, hat Pankow festgelegt, dass nur in den Wintermonaten von November bis März gebaut werden dürfe. Fünf Jahre würden dann die Bauarbeiten für den Stauraumkanal dauern und drei Millionen Euro teurer werden. Stadtrat Kirchner sagt zur Begründung, im Sommer dürfe es keine Einschränkungen im Mauerpark geben. Im Sommer soll die Baustelle abgedeckt werden und begehbar sein. Der Park gehört zu den beliebtesten Freizeitanlagen der Stadt. Zehntausende Besucher, vor allem Touristen, kommen an den Wochenenden, mehrere Anwohner-Initiativen kümmern sich um ihn. „Im Mauerpark gelten eigene Regeln“, sagt Kirchner.
Und so werden die Bezirkspolitiker, Mitarbeiter der Senatsumweltverwaltung und der Berliner Wasserbetriebe in den kommenden Wochen mit den Anwohner über den unterirdischen Tunnel diskutieren. Es geht um provisorische Radwege und einen neuen Zugang, wenn die Eingänge zum Park im Winter Baustellen sind.
Bis zum Ende des Jahres will Stadtrat Kirchner dann eine „grundsätzliche Entscheidung“. Über den Bau des Stauraumkanals und die konkrete Dauer, sollen das Bezirksamt und das Bezirksparlament entscheiden.
Schaustelle Mauerpark
Die Wasserbetriebe suchen bei all dem Streit einen positiven Ansatz. Sie werben für ihren Stauraumkanal. Das Bauvorhaben sei eine zusätzliche Attraktion im Mauerpark, sagt Sprecher Stephan Natz. So sei eine Schaustelle zur Besichtigung der Baustelle geplant, von einer Brücke könnten Besucher zuschauen. Und wenn der Kanal fertig sei, könne man unterirdische Führungen anbieten. Im Tunnel durch den Mauerpark.