„Keine Flüssigkeit für wenige“: Wie ein Berliner Likör zum Kult wurde

Die Geschichte des Berliner Likörherstellers Mampe ist eine fürs Kino: Erfolg und Niedergang vor 100 Jahren. Nun liegt ein Buch vor und das Unternehmen ist auf Expansionskurs.

Mampe Berlin
Mampe BerlinMampe/bebra verlag

Die Sache mit dem Elefanten begann in den 1920er-Jahren, jenen wilden Jahren kurz bevor die Nazis die Macht ergriffen. Damals hatte Mampe seine eigentliche Hochphase. Robert Exner stieß damals zu dem Berliner Unternehmen. Er war ein Mann des Geschäfts, der in der Reklame und Werbung zu Hause war, wenig von Schnaps wusste. Exner sorgte dafür, dass ein Elefant zum Firmenlogo wurde, und sponserte gleichzeitig den Berliner Zoo. Die Elefanten im Zoo wurden Werbeträger für Mampe, und Mampe war Werbeträger für Berlin. Noch heute spendet Mampe dem Berliner Zoo 5000 Euro.

Der Autor Lothar Uebel gesteht gleich vorweg: „Eigentlich bin ich über die Elefanten zu Mampe gekommen, nicht über den Schnaps.“ Am Donnerstag feierte Uebel vor Publikum in einem Backsteingebäude in Kreuzbergs Bergmannkiez eine Buchpremiere. Es geht um die „Berliner Elefantenmarke“, den Likör Mampe, der vor allem für seinen Halb-und-Halb bekannt ist. Das bittere Shot-Getränk wird zwar in Sachsen abgefüllt, aber es gibt auch in Kreuzberg eben eine kleine Manufaktur, wo besonderer Gin in Handarbeit hergestellt wird. Und um das einmal vorzustellen, hatte Mampe-Geschäftsführer Florian Löhlein geladen.

„Mampe war schon immer ein Getränk für jeden“, sagt Löhlein. „Es war nie eine Flüssigkeit für wenige.“ Er meint vor allem Halb-und-Halb, der ursprünglich als Cholera-Mittel erfunden worden war. „Aus dem pommerschen Stargard stammte der preußische Sanitätsrat Carl Mampe, der mit seinen Bitteren Tropfen in den 1830er-Jahren der Cholera Einhalt gebieten wollte.“ Aber nachdem aus Mampe senior kurze Zeit später ein Berliner wurde, wanderte auch sein Produkt: aus der Apotheke heraus und hinter den Tresen. Dann zeigt Florian Löhlein auf die verschiedenen Flaschen in einem großen Holzregal und erzählt Geschichten von Drinks mit und ohne Alkohol. 

Viele davon sind im Buch versammelt. Karin Erb, die am Buch mitwirkte, stieß vor etwa zwanzig Jahren als frisch zugezogene Berlinerin auf die verblichenen Mampe-Reklamen in alten Berliner Eckkneipen und wurde von der Neugier gepackt. Sie wollte wissen, was dahintersteckt. Sie recherchierte und gründete bald ein kleines privates Mampe-Museum. Zusammen mit Lothar Uebel begann sie dann, an einem Buch über die Firmengeschichte zu arbeiten.

Besonders auf den Boom in den 1920er-Jahren gehen die Autoren ein: Robert Exner gründete damals Mampes Gute Stuben, gehobene Bars zum Probieren von Mampe-Produkten, an prominenten Orten wie der Friedrichstraße oder dem Kurfürstendamm. Wer heute die Produktionsstätte von Mampe besucht, kann sich auf Grundlage eines milden Gins daran machen, seinen eigenen Gin zu kreieren. Vielleicht mit etwas Orange, Sternanis und Koriander? Oder Honig und Mate? Verschiedenste Variationen sind möglich.

Nach dem Whisky-Hype kam der Gin-Hype

Ehrlich geht das Buch mit den Epochen der wechselvollen Firmengeschichte um. So schön die zahlreichen Bilder von Flaschen, Memorabilia oder die alten Zeitungsausschnitte sind, die Überschrift „Pleite und Neubeginn“ lässt keinen Zweifel zu: Mampe ist eine Firma mit wechselvoller Geschichte. Diese beschreiben die Autoren mit ihren kurzen, verständlichen Kapiteltexten.

Nachdem zuletzt 1995 die Markenrechte der pleitegegangenen Firma Mampe vom Spirituosenproduzenten Berentzen aus Haselünne erworben worden waren, führte die Marke ein Schattendasein. Das gleiche Schicksal ereilte damals mehrere vormals große Marken, etwa Doornkaat aus dem ostfriesischen Norden. Mampe hatte die Zeichen der Zeit nicht verstanden, und sie wussten nicht, dass sich diese in den 2010er-Jahren ändern würden: Schnaps und gerade edle hochprozentige Varianten waren plötzlich gefragt. Nach dem Whisky-Hype kam der Gin-Hype, und dann folgten andere Spirituosen.

Stadtbus mit Mampe-Werbung in Berlin.
Stadtbus mit Mampe-Werbung in Berlin.bebra verlag

„Auf dem heiß umkämpften Spirituosenmarkt“, sagt Mampe-Geschäftsführer Florian Löhlein, „ist es wichtig, seine Alleinstellungsmerkmale zu kennen und zu pflegen.“ Für Mampe sei dies einerseits Berliner Tradition und andererseits hohe Qualität, weswegen ein Großteil des Sortiments eben nicht aus Großbrennereien stamme, sondern in der Kreuzberger Manufaktur tatsächlich von Hand hergestellt werde. Die Tradition wiederum, auf die sich die heutige Firma beruft und die sie auch pflegt, führt dazu, dass sich die ein oder andere Flugzeugbesatzung mit Begeisterung an den Lufthansa-Cocktail (heute Fliegercocktail) erinnert.

Neben diesem Auffüll-Cocktail, einer damals bahnbrechenden Idee, versuchte sich Mampe schon in Zeiten der amerikanischen Prohibition an alkoholfreien Spirituosen. „Leider“, so Löhlein bedauend, „treffen die damaligen Versuche nicht den heutigen Geschmack.“ Aber die Erfahrungen von damals gingen in den jetzt entwickelten alkoholfreien Gin natürlich mit ein. Heute ist das Segment das am stärksten wachsende in der Firma.  

Woher nun der Name Mampe kam, das können auch die Autoren nicht recht beantworten. Der Elefant als Markenzeichen, der aus rotem Plastik an jeder Flasche baumelt, kam ja erst später hinzu. Es könnte, so vermuten manche, mit dem Klang des Wortes zu tun haben. Neben Lampe sind es vor allem umgangssprachliche Wörter, die sich darauf reimen: Wampe oder Pampe. Klingt nach: Sich selbst nicht so wichtig nehmen. 

Das Buch zur Firmengeschichte von Marcellinus Prien und Lothar Uebel ist unter dem Titel „Berliner Elefantenmarke. Die Geschichte der Likörfabrik Mampe“ im BeBra-Verlag erschienen.