Keine neue Beweisaufnahme: Die Maskenmann-Show muss weitergehen

Es geht einfach weiter im sogenannten Maskenmann-Prozess. Denn nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) gibt es keine neuen Erkenntnisse und auch keinen neuen Verdächtigen im Fall des sogenannten Maskenmannes, der 2011 zweimal eine Millionärsfamilie in Bad Saarow und 2012 einen reichen Manager in Storkow entführt und ein Lösegeld in Millionenhöhe gefordert haben soll. „Deshalb gibt es keinen Anlass, im Prozess erneut in die Beweisaufnahme zu treten“, sagte Ulrich Scherding, der Sprecher der Ermittlungsbehörde, am Montag.

Der Präsident des Landgerichts in Frankfurt (Oder), Holger Matthiesen, verwahrte sich gegen eine politische Einflussnahme auf die zuständige Strafkammer, vor der der Prozess verhandelt wird. Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Björn Lakenmacher, hatte gefordert, nach den vielen Vorwürfen gegen die Ermittler den zuständigen Staatsanwalt abzulösen und die Beweisaufnahme vor Gericht noch einmal zu beginnen.

Seit einem Jahr steht ein 47-jähriger gelernter Dachdecker vor Gericht. Er wird beschuldigt, der Maskenmann zu sein. Schon früh im Prozess waren jedoch Zweifel an seiner Täterschaft laut geworden. Am Wochenende war das durch viele Polizeipannen belastete Verfahren von neuen Spekulationen erschüttert worden.

Durch einen Zeitungsbericht rückte ein einstiger Beamter der Hubschrauberstaffel der Brandenburger Polizei erneut in den Fokus der Aufmerksamkeit. Der hoch verschuldete Polizist war schon einmal verdächtigt worden, an der Entführung des Managers beteiligt gewesen zu sein. Er konnte den Fahndern jedoch ein Alibi präsentieren – er war zur Tatzeit im Dienst. Dadurch war er aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschieden. Am Alibi gab es bei der Staatsanwaltschaft keine Zweifel. Doch inzwischen behauptet die Ex-Frau, das Alibi sei falsch.

Nun kam heraus, dass sich der 52-jährige Beamte an den Tatorten offenbar gut auskannte, und er auch mit den betroffenen Familien zu tun hatte. Zudem soll das Handy des einstigen Beamten zu den Tatzeiten in den Funkzellen des jeweiligen Tatorts eingeloggt gewesen sein. „Kein Wunder. Der Mann wohnt in der Nähe der Tatorte“, sagte Scherding.

Scherding spricht davon, dass der Beamte, der kurz nach den Ermittlungen seinen Dienst bei der Polizei quittierte, aus objektiven Gründen nicht als Täter in Betracht käme. Er könne nicht der Mann sein, der den Manager am Abend des 5. Oktober 2012 entführt und ihn 33 Stunden auf einer Insel im Sumpf festgehalten hat. Am nächsten Morgen musste die Geisel auf Geheiß des Entführers Erpresserbriefe schreiben.

„Der Polizist wurde wegen der Suche nach der Geisel und dem Maskenmann am 6. Oktober um 4?Uhr morgens zum Dienst gerufen“, sagte Scherding. Nachweislich war er von 6 bis 10?Uhr in seiner Dienststelle in Ahrensfelde, die eine Stunde Fahrzeit vom Tatort entfernt liegt. „Deshalb kam er als Täter nicht infrage.“

Nicht zu leugnen ist jedoch die Tatsache, dass der verschuldete Ex-Polizist ein weitaus größeres Motiv hat als der angeklagte Mario K., dem die Staatsanwaltschaft „Hass auf Reiche“ vorwirft. Der Hubschrauberpilot passt auch zur Täterbeschreibung. Das erste Phantombild ähnelt ihm sehr. Er ist, wie Mario K., ungewöhnlich sportlich und durchtrainiert, er soll Tarnkleidung besitzen und Motorrad fahren. In ersten Meldungen nach den Taten in Bad Saarow 2011 war von einem Motorrad als Fluchtfahrzeug die Rede.

Der Angeklagte Mario K., ein Aussteiger, der zuletzt in Wäldern lebte und seine Unschuld beteuerte, besitzt kein Motorrad. Zudem halten Gutachter es für fast unmöglich, dass er sich mit einer Geisel im Dunkeln fast lautlos durch einen Sumpf hätte kämpfen können. Der Angeklagte kann nach einer Schussverletzung vor Jahren sein Knie nicht mehr richtig beugen.

Keine Kritik an der Anklage

Die Generalstaatsanwaltschaft dementierte am Montag auch Meldungen, wonach sie Bedenken gegen die Anklage in dem Prozess geäußert habe. „Das ist falsch“, sagte Sprecher Eugen Larres. Die Behörde habe nach Anklageerhebung im Januar 2014 die Anklage nicht beanstandet, sondern lediglich auf Schwierigkeiten in dem Indizienprozess hingewiesen. „Darauf, dass es auch möglich sein kann, dass der Angeklagte in so einem Verfahren freigesprochen wird“, sagte Larres. Dies habe jedoch nichts mit Kritik zu tun. „Wenn wir Fehler in der Anklage gesehen hätten, hätten wir die Staatsanwaltschaft angewiesen, die Anklage zurückzuziehen.“

Axel Weimann, der Verteidiger des angeklagten Mario K., wird am kommenden Freitag – so ist es geplant – sein Plädoyer halten. Er sei gespannt, wie das Gericht auf die neuen Indizien gegen einen einstigen Verdächtigen reagiere, sagte er. Weimann ist der Ansicht, dass alles, was bisher im Prozess zur Sprache gekommen sei, nicht für eine Verurteilung seines Mandanten reiche.

Die oppositionelle CDU im Potsdamer Landtag will auf eine politische Aufarbeitung der massiven Pannen bei den Ermittlungen drängen, das heißt: auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. „Aber nicht vor Beendigung des Prozesses“, sagte Björn Lakenmacher, der innenpolitische Sprecher. Die Unabhängigkeit der Gerichte solle nicht durch politische Bewertungen beeinflusst werden.

Er fordert jedoch, dass in dem Prozess nicht nur in die Beweisaufnahme zurückgekehrt wird, sondern, dass der komplette Fall noch einmal von vorn untersucht wird. „Die Justiz selbst müsste eine Interesse daran haben, dass jegliche Zweifel ausgeräumt werden“, sagte Lakenmacher. Es sei der Eindruck entstanden, dass in diesem Fall einseitig ermittelt worden sei, das erschüttere das Vertrauen in Polizei und Justiz nachhaltig. Es sei notwendig, dass alle Fakten und Indizien noch einmal von einer anderen Staatsanwaltschaft untersucht werden.