„Kiez und Kneipe“: Linksradikale bedrohen Neuköllner Lokalzeitung
Wegen Drohungen der linken Szene ist in Neukölln eine Veranstaltung mit einem AfD-Politiker abgesagt worden. Die Lokalzeitung „Kiez und Kneipe“ hatte eine Veranstaltungsreihe mit Neuköllner Bundestagskandidaten organisiert. Nach eigenen Angaben waren Mitarbeiter der Zeitung Drohungen bis hin zu körperlicher Gewalt ausgesetzt. Werbekunden seien zum Anzeigenboykott angehalten worden.
Am 16. Mai sollte der AfD-Kandidat Andreas Wild in einer Gaststätte an der Schillerpromenade als Diskussionspartner auftreten. Doch vorher gab es Drohungen. Unter anderem erklärte eine „Solidarische Aktion Neukölln“ unter der Überschrift „Keine Bühne für Faschist*innen!“ im Internet: „Es ist traurig, dass nach wie vor Demokrat*innen denken, es sei der Auseinandersetzung förderlich, Rechtsradikalen eine Plattform zu bieten und damit ihre Parolen und Diskurse salonfähig zu machen.“
„Ein anonymer Anrufer drohte mir, ich solle aufpassen, dass ich nicht vom Fahrrad falle, sagt Herausgeberin und Chefredakteurin Petra Roß. „Anzeigenkunden wurden angeschrieben und aufgefordert, sich von uns zu distanzieren.“
Veranstaltungsreihe abgesagt
Auch die Gaststätte, wo die Veranstaltung stattfinden sollte, bekam Besuch. „Eines Tages kamen einige Autonome und fragten mich, was ich von der AfD halte“, sagt der Wirt.
Zur Veranstaltung „Kneipengespräche“ hatte „Kiez und Kneipe“ Kandidaten von Parteien, die einen Sitz in der Bezirksverordneten-Versammlung (BVV) haben. „Es fiel uns nicht leicht, auch die AfD zu einem solchen Gespräch einzuladen, aber unser demokratisches Verständnis und unsere journalistische Überzeugung, dass die Bundestagskandidaten der in der Bezirksverordneten-Versammlung gewählten Parteien zu Wort kommen und sich den Bürgern des Bezirks stellen sollten, bewegte uns zu diesem Schritt“, erklärt die Zeitung. Von den völkischen und rassistischen Parolen des AfD-Bundestagskandidaten Andreas Wild distanziere man sich bekanntermaßen.
„Kiez und Kneipe“ hat nun auch alle weiteren mit den Bundestagskandidaten geplanten Gespräche abgesagt. „Was nutzt es, wenn ich einen Kandidaten nicht befragen darf.“ Die Drohungen seien ein Angriff auf die Demokratie und Pressefreiheit. „Unter Druck setzen, erpressen, nötigen und die Androhung von Gewalt, kennt man nur von jenen, die diese Leute zu bekämpfen vorgeben“, sagt der Gründer des Blattes, Peter Kaspar.
Zutiefst undemokratisch
Er vermutet, dass die Zeitung auch deshalb in den Fokus Linksradikaler kam, weil sie einen Anschlag auf das nahe gelegene Restaurant „Schillerburger“ anprangerte. Im April waren zwei Restaurant-Autos angezündet worden. Drei Autos Unbeteiligter, darunter einer schwangeren Frau mit mehreren Kindern, gingen ebenfalls in Flammen auf. Die Polizei vermutet ein linksextremistisches Tatmotiv.
AfD-Sprecher Ronald Gläser spricht von einem Skandal, dass die Veranstaltung aufgrund von Drohungen durch Linksextremisten abgesagt werden musste. „Dieser Vorgang reiht sich ein in eine neue Welle von physischen Angriffen auf die Alternative für Deutschland. Pars pro toto seien die nächtlichen Attacken auf zwei Pankower Lokale genannt, denen die Scheiben eingeworfen wurden.“ Gläser listet weitere Taten gegen AfD-Funktionäre auf: demolierte Autos, ein mit Farbe überschütteter Motorroller, Outing-Aktionen mittels Flugblättern und beschmierten Fassaden, ein Angriff mit einer Flasche.
„Dass eine Zeitung bedroht wird, die alle Parteien vorstellt, ist zutiefst undemokratisch“, sagt Hendrik Zörner vom Deutschen Journalistenverband. Die AfD gehöre zum Parteienspektrum, auch wenn sie medienfeindlich auftrete.
Aus Angst vor Anschlägen ist laut Petra Roß ein Anzeigenkunde abgesprungen. „Aber wir erhalten viel Solidarität. Nach den Drohungen kommen ehemalige Kunden und schalten wieder Anzeigen.“