Kippt die Einheitswippe auf den Müll

Der Bau des Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin nahe dem wiederaufgebauten Stadtschloss kann beginnen. Doch der Streit darüber wird nicht verstummen. 

Berlin-Zu behaupten, dass irgendjemand außer den Initiatoren im Bundestag sowie den Architekten dieses Einheitsdenkmal haben will, wäre gelogen. Für dieses Objekt hebelten Bund und Berlin Denkmal- und Naturschutz aus, der gerade erst teuer sanierte Kaiserdenkmalssockel wird schwer beschädigt, die kostbaren Mosaiken mussten genauso weichen wie jetzt die Fledermäuse. Auch die Symbolik dieses Objekts ist – gerade in Zeiten des Populismus – nur fatal: Demokratie lebt eben nicht vom simplen Macht-Kippen durch ein nach rechts oder links gehendes „Volk“, sondern von der Macht des Gesetzes, von der Rücksicht auf Minderheiten, vom Aushandeln der Interessen. Hier aber werden sogar Gehbehinderte diskriminiert, die der Sicherheit wegen nur bis in die Mitte der Schale rollern dürfen. Gehören sie nicht zu denen, die „Demokratie in Bewegung“ bringen?

Das Einheitsdenkmal soll am Berliner Schloss errichtet werden.
Das Einheitsdenkmal soll am Berliner Schloss errichtet werden.

Dies Objekt behauptet eine deutsche Einheit, die es so nicht gibt, wie derzeit etwa die Debatte um Jes Möller als ersten möglichen aus Ostdeutschland stammenden Bundesverfassungsrichter zeigt. Vor allem aber ist der Baubeginn gerade jetzt eine ungeheuerliche Taktlosigkeit: Während die ganze Welt mit den Folgen von Sars-CoV-2 kämpft, Millionen Menschen um ihr Wohl fürchten, setzt der Bundestag durch, dass dieser teure Denkmal-Nippes gebaut wird. Er wagt es nicht, seine intern auch offen zugegebene Fehlentscheidung öffentlich zu korrigieren, aus lauter Angst, der Verachtung ostdeutscher Revolutionäre bezichtigt zu werden. Welch ein Unsinn: Dieses Denkmal aufzugeben, so wie die klugen Leipziger ihr Einheitsdenkmal aufgegeben haben, das zeige Achtung vor der Revolution. Sein Bau dagegen ist eine Peinlichkeit in wirklich jeder Hinsicht.