Koalitionsgespräche angekündigt: SPD will Brandenburg mit Linken regieren

Potsdam - Die Mitteilung kam per Mail am Dienstag um 17.15 Uhr. Dietmar Woidke, soeben wiedergewählter Ministerpräsident des Landes Brandenburg, erklärte, er habe seiner Partei vorgeschlagen, Koalitionsverhandlungen mit der Linken aufzunehmen.

Das war noch nicht sonderlich überraschend, hatte der Spitzenmann der brandenburgischen SPD doch bereits im Wahlkampf mit einer Fortsetzung von Rot-Rot geliebäugelt. Überraschend, fast seltsam, mutete allerdings Woidkes offizielle Begründung an. Denn er wirft der CDU und besonders ihrem Spitzenkandidaten und Parteichef Michael Schierack – mit dem die Sozialdemokraten ebenfalls sondiert hatten, sogar noch am Dienstagnachmittag – mangelnde Führungsstärke vor. Dies sei der Grund, dass es kein rot-schwarzes Bündnis geben soll.

Noch geht es zwar nur um Koalitionsverhandlungen, aber mit dieser Stellungnahme hat Woidke die Union düpiert und förmlich aus der Staatskanzlei herausgeworfen. Wörtlich sagte er: „Brandenburg braucht eine stabile Regierung und eine starke, klare Führung.“ Unabdingbar für die Stabilität einer Regierung, so Woidke, seien einerseits wesentliche Übereinstimmungen in inhaltlichen Fragen und zum anderen „Führungsstärke und Gestaltungskraft des verantwortlichen Personals“.

Mit Verwunderung

Daher habe er „mit Verwunderung“ zur Kenntnis genommen, dass Schierack kein Minister und damit auch kein stellvertretender Ministerpräsident werden wolle. Woidke: „Der einzige Kontrahent, der im Wahlkampf das Amt des Ministerpräsidenten als sein Ziel ausgab, hat mich wissen lassen, dass er keine Verantwortung im Kabinett übernehmen werde.“ Bei allem Respekt sehe er damit „nicht gewährleistet, dass die CDU-Führung bereit und in der Lage ist, Regierungsverantwortung für unser Land zu übernehmen“.

Nach der Sitzung des Landesvorstandes der SPD am Abend, der sich einstimmig für Koalitionsverhandlungen mit der Linken aussprach, legte Woidke noch einmal nach. „Wir haben keine inhaltlichen Probleme mit der CDU“, sagte er. „Doch ihr Selbstfindungsprozess ist noch nicht beendet.“ Dagegen habe er ein Grundvertrauen in die Linke. Sie habe in der Regierungsarbeit eine starke Führung gelernt. Nun wolle er mit Rot-Rot „die Wirtschaft voranbringen“.

CDU ist verärgert

Die Reaktion der brandenburgischen Union ließ nicht lange auf sich warten. Zu Woidkes Erklärung, dass Parteichef Schierack keinen Ministerposten habe übernehmen wollen, sagte CDU-Sprecher Martin Burmeister: „Das ist ein vorgeschobener Grund. Personalfragen waren nie Gegenstand der Sondierungsgespräche.“ Schierack selbst teilte mit, die CDU habe von vornherein betont, für eine Regierungsbildung zur Verfügung zu stehen, aber nicht zu jedem Preis. „Die Wähler haben der rot-roten Politik eine klare Quittung gegeben. Wie wir seit heute wissen, ignoriert die SPD dieses Wählervotum und setzt die Verliererkoalition fort“, sagte Schierack und kündigte eine starke Opposition an.

Mit dieser Entscheidung geht Woidke einen großen Schritt auf die Linkspartei zu. Ob sich dieses Vertrauen auszahlt, muss sich zeigen. Denn die Situation ist nach der heftigen Wahlniederlage der Linken, die am 14. September fast die Hälfte ihrer Wählerstimmen von 2009 und knapp neun Prozentpunkte verlor, schon eine andere als erhofft.

Die Linke will zwar weiterregieren, das haben ihre Protagonisten, vor allem der bisherige Finanzminister Christian Görke, stets klar gemacht. Doch die Partei muss sich mit eigenen Inhalten profilieren, will sie nicht vollends untergehen.

Und das bedeutet zumindest Unruhepotenzial in der Koalition. Schließlich ist die rot-rote Mehrheit knapper als es eine rot-schwarze wäre: Mit 47 Sitzen liegt Rot-Rot gerade drei Stimmen über der sogenannten Kanzlermehrheit, also der absoluten Mehrheit, die bei 45 von 88 Sitzen im Potsdamer Landtag insgesamt liegt. Die CDU hätte vier Stimmen mehr einbringen können. Allerdings ist die Kanzlermehrheit nur bei Vertrauensabstimmungen nötig: erstmals bei der Wahl des Ministerpräsidenten.
Die Koalitionsverhandlungen sollen am Sonnabend beginnen.