Koalitionsverhandlungen: Rot-Rot-Grün streitet noch über das Nachtflugverbot

Berlin - Nach außen sah es lange Zeit so aus, als ob die künftige Koalition beim Thema Nachtflugverbot am BER heillos zerstritten sei. Nach längerem Streit liegen nun Kompromissvorschläge auf dem Tisch.

Den Koalitionsspitzen lägen Vorschläge auf dem Tisch, wie die Belange der Luftfahrtbranche mit den Interessen der Anlieger in Einklang gebracht werden könnten. Der BER war eines von vielen Themen, die für SPD, Linke und Grüne am Montag auf der Tagesordnung standen. Wie lange die Verhandlungen dauern, war am Abend nicht absehbar.

Es geht um zwei Stunden

Immerhin: Wesentliches wurde bereits in Vorabrunden geklärt. Seit Ende Oktober gilt folgende Formulierung als Konsens: „Mit Eröffnung des BER wird Tegel geschlossen.“ Doch beim Nachtflug gab es zumindest anfangs klare Differenzen.

Die Grünen pochten auf der  „Gewährung der Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr“. Die Linken wählten die Form eines Auftrags: „Die Koalition wird sich für die Ausweitung des Nachtflugverbots  auf die Zeit von 22 bis 6 Uhr einsetzen.“ Aber die SPD bleibt dabei, dass der Planfeststellungsbeschluss für den  BER die Grundlage  bleiben müsse. Er sieht  eine kürzere Nachtruhe vor. Planmäßige Linienflüge sind zwischen 23.30 und 5.30 Uhr nicht erlaubt.

Plan ohne konkrete Zeiten denkbar

Damit bekämen die Anlieger trotzdem mehr mehr Lärmschutz als heute, denn am jetzigen Flughafen Schönefeld dürfe rund um die Uhr geflogen werden, so ein SPD-Mann. „Ein weitergehendes Nachtflugverbot würde dem BER schaden“, warnte er. Ein Drehkreuz, das auch für Interkontinentalflüge interessant ist, könnte sich nicht entwickeln. „In München und an anderen Airports würde man sich darüber freuen.“ Die SPD wolle nicht, dass Berliner spätabends in Rostock oder Leipzig landen müssten.

Es sind Argumente, die von Linken und Grünen nicht geteilt werden. Am Montag hieß es aber, dass ein Kompromiss denkbar sei. SPD-Kreisen zufolge könnte er so aussehen: Im Grundsatz gilt die Regelung des Planfeststellungsbeschlusses, doch der Senat müssedafür sorgen, dass für laute Flugzeuge noch höhere Gebühren fällig werden. Zudem soll er die Deutsche Flugsicherung auffordern, ihr Flugroutenkonzept zu überarbeiten. Denkbar wäre auch eine Formulierung wie im Brandenburger Koalitionsvertrag von 2009: Dort steht zwar, dass es eine Daueraufgabe sei, mehr Nachtruhe zu erreichen – aber eine konkrete Zeitspanne für ein Nachtflugverbot wird nicht genannt.

Wird Harald Wolf Senator?

Bei den Grünen konnte man sich vorstellen, dass bis 23 Uhr zumindest gelandet werden dürfe. Landende Flugzeuge seien leiser als startende Maschinen. Brandenburg erinnerte an einen Vorschlag von 2014: Der Linienverkehr könne erst um 6 Uhr starten. Die Landesregierung von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hatte sich nach einem Volksbegehren bei den Berlinern vergeblich um ein verlängertes Nachtflugverbot bemüht.

Zu den weiteren Streitpunkten, die am Montag verhandelt werden sollten, zählt die Frage, wie schnell Berlin die Besoldung der Beamten dem Länderdurchschnitt anpasst. Das wird eine Rechenaufgabe: Im bisherigen Tempo, ein halbes Prozent über der Steigerung der anderen, würde es weitere 15 Jahre dauern. Die Grünen fordern, damit 2022 durch zu sein. Die Lücke ist beträchtlich: Bayern zahlt seinen Beamten gut 18, Brandenburg vier Prozent mehr Geld. Die Linken wollen zusätzlich, dass soziale Träger wie Betreiber von Kitas und Seniorenheimen mehr Geld erhalten, um ihre Beschäftigten besser zu bezahlen – am besten nach Tarif.

Bei der Ressortaufteilung, die spätestens am Mittwoch verhandelt wird, zeichnet sich inzwischen ab, dass die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung den Bereich Verkehr und Umwelt verlieren könnte. Übrig bliebe Stadtplanung, Bauen und Wohnen. Möglicherweise ist dies der Versuch von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD), seinen Posten zu retten. Am neuen Job eines Verkehrssenators scheint Harald Wolf (Linke) verschärftes Interesse zu haben.