Schwarz-Rot in Berlin: Die Jusos starten NoGroKo-Kampagne
„Geringe Wertschätzung“: Die Parteijugend ist enttäuscht von ihrer Landesvorsitzenden Franziska Giffey. Die erhöht den Druck auf die eigene Partei.

Die SPD hat wieder eine NoGroKo-Kampagne. Einen Tag nach der Landesdelegiertenkonferenz haben am Sonntag die Berliner Jusos eine Webseite mit diesem Namen freigeschaltet. In den nächsten knapp drei Wochen will die SPD-Nachwuchsorganisation Unterschriften gegen das geplante Bündnis sammeln und prominente Unterstützer werben. Wer das sein könnte, blieb am Sonntag aber noch unklar.
Die 80 Delegierten der Jusos hatten sich am Sonnabend mit deutlicher Mehrheit gegen die geplante schwarz-rote Koalition ausgesprochen, für die die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey sogar den Chefinnensessel im Roten Rathaus räumen wird.
Der Berliner Juso-Vorsitzende Peter Maaß sprach angesichts des Verzichtes auf ein neues rot-grün-rotes Bündnis von einer „vertanen Chance“ für Berlin. „Ich bin mir sicher, dass wir mit der CDU keinen besseren Koalitionsvertrag hinbekommen werden“, sagte er der Berliner Zeitung am Sonntag. „Dieser Schachzug wird die SPD nur verzwergen.“
Die Parteivorsitzenden Franziska Giffey und Raed Saleh blieben der Juso-Landesdelegiertenversammlung fern, was zu Enttäuschung bei der Parteijugend führte. „Wir sehen das schon als Zeichen geringer Wertschätzung“, sagte Maaß. Man habe mit der Parteiführung schließlich auch über das Wahlergebnis diskutieren wollen.
Dass sich der frühere Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert in die Kampagne einschalten könnte, dementierte Maaß am Sonntag als „Gerücht der Springer-Medien“: „Kevin Kühnert ist Generalsekretär und hat jetzt andere Aufgaben.“
Statt Giffey und Saleh sprach die stellvertretende Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe. Sie räumte ein, dass die CDU konservativ sei, was ihr selbst auch Probleme bereite, vor allem angesichts des Wahlkampfes, in dem die CDU gefordert hatte, die Vornamen der Straftäter aus der Silvesternacht bekannt zu machen, als Indiz dafür, dass die Gewalt vor allem von Migranten ausgegangen war. „Die Kampagne war rassistisch, auch mich hat das persönlich getroffen“, sagte Kiziltepe. Es habe aber die Zusage gegeben, dass es dazu persönliche Stellungnahmen mit Korrekturen geben werde. Bei der CDU wusste man davon aber nichts und verwies auf die Presseerklärung von vor einigen Tagen, in der sich die CDU zur „Stadt der Vielfalt“ bekennt.
Die Jusos sind indes nicht die Einzigen, die sich gegen eine große Koalition wenden. Mit Neukölln und Steglitz-Zehlendorf haben sich bereits zwei Kreisverbände ebenfalls dagegen ausgesprochen. Der Kreisverband Pankow hat am Wochenende allerdings mehrheitlich für die Verhandlungen mit der CDU votiert. Bei der Diskussion dort war Giffey anwesend und meldete sich mehrmals zu Wort. Gleichzeitig verstärkte sie den Druck auf ihre Partei.
Giffey: Entweder Koalition mit der CDU – oder Opposition
Sollten die Berliner SPD-Mitglieder im Sinne der Jusos entscheiden und eine Koalition mit der CDU ablehnen, sieht Giffey ihre Partei in der Opposition. Es sei der Weg vorgezeichnet, dass die SPD „auf der Zuschauerbank“ sitze und zusehe, wie Schwarz-Grün gestalte. Das sei nicht ihr Anspruch an Politik, sagte Giffey dem RBB. „Wenn wir gestalten können, sollen wir gestalten – vernünftig für die Stadt. Dafür einen guten Koalitionsvertrag auszuhandeln, ist entscheidend.“
Das ist die Botschaft, die Giffey seit einigen Tagen für ihre Partei hat: Wenn wir den Deal mit der CDU nicht machen, werden es die Grünen tun. Ob die Grünen wirklich kurz vor einer Einigung mit der Union waren, ist jedoch strittig. Aus Parteikreisen kommen unterschiedliche Interpretationen, je nachdem wen man fragt. Offen darüber reden will niemand, auch bei der SPD nicht. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Werner Graf, twitterte am Wochenende: „Die Tür zu Rot-Grün-Rot ist immer noch da. Man muss sie nur öffnen und durchgehen.“
Die SPD geht indes erst einmal durch andere Türen: Am Montag beginnen die ersten Treffen der insgesamt 13 Facharbeitsgruppen, am Mittwoch treffen sich die Parteichefs erneut, um schon mal an der Präambel des Koalitionsvertrages zu feilen. Ende des Monats will man durch sein – bei der SPD entscheiden dann die Mitglieder, ob das Bündnis tatsächlich zustande kommt.