Es ist dann wieder soweit: Wie jedes Jahr um diese Zeit hängt ein süßlich-schwerer Geruch über Plätzen wie dem Alex oder dem Potsdamer Platz. Warm und scharf steigt er einem in die Nase, man spürt schnell, dass der Magen rebellieren möchte, alles loswerden, was drin ist. Gut, jetzt riecht es an diesen Orten, gerade dem Alexanderplatz, selten durchgängig gut, aber nun ist sie wieder da: die Glühweinzeit.
Gibt es ein schlimmeres Getränk als Glühwein? Für mich nicht. Die Idee ist jedes Jahr für ein paar Minuten ganz anheimelnd, Lichterglanz, Tannenzweige und dazu einen schönen heißen Becher Glühwein, hach, das wärmt von innen, den Bauch und die Seele.
Schön die Römer vergifteten sich mit Würzwein
Die Realität sieht meist ganz anders aus. Nach dem ersten Schluck kann man schon das Sodbrennen vorausschmecken. Nach dem zweiten dann den Kopfschmerz und spätestens mit dem dritten Schluck weiß man, wohin die Reise mit jeder weiteren Tasse des immer zu süßen Wintergetränks geht: in Richtung Toilette.
Meistgelesene Artikel
Dabei ist der Glühwein, lokal auch Heißwein oder Warmwein genannt, ein uraltes Getränk, das schon im Mittelalter als Würzwein bekannt war und dessen Wurzeln bis in die Antike reichen, wo man sich bereits den sogenannten Conditum Paradoxum hinter die Binde goss, einen römischen Würzwein. Aber was ist aus dem stolzen Getränk der Römer geworden? Eine eklige Plörre, die aus einem Kanister kommt und dann erhitzt wird und in zumeist in China hergestellten Bechern gereicht wird.
Doch damit nicht genug. Folgt man der Zeitschrift Bunten, so ist der Glühwein längst nicht mehr das Getränk der ersten Weihnachts-Wahl, sondern - das klingt noch viel fürchterlicher - der Hot Aperol. Das ist die aufgekochte Variante des Aperol Spritz, einem neonorangefarbenem Likörgesöff, das vor ein paar Jahren mal hip war und das jetzt auch in People-Redaktionen für berauschte Begeisterung und schwere Köpfe sorgt.
Ein Tipp: Schmeißen Sie doch noch ein paar bunte Marshmallows rein und eine Kugel Vanilleeis, nachdem Sie die obligatorische Reis- oder Pilzpfanne genossen haben. Versprochen: Danach wird Ihnen so elend werden, dass Sie an Weihnachten in diesem Jahr gut und gerne ein paar Pfund verlieren. Und das will ja nun wirklich was heißen.