Berlin - Die Bezirksverordneten von Steglitz-Zehlendorf haben ihren Bürgern am vergangenen Mittwoch keinen guten Dienst erwiesen. Mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD ließen sie eine SPD-Kandidatin als Bezirksstadträtin durchfallen, weil sie vor vielen Jahren mal kurze Zeit Mitglied in einem Verein war, der dem Verfassungsschutz als linksextrem gilt. Eine Jugendsünde.
Die SPD-Frau Franziska Drohsel hat inzwischen als Anwältin einen Eid auf die Bundesrepublik Deutschland abgelegt. Als verfassungsfeindlich mag sie selbst die CDU Steglitz-Zehlendorf nicht titulieren. Links ist sie aber immer noch und da haben die Verordneten der CDU ihr halt einen Denkzettel verpasst. Und die FDP machte mit, die AfD sowieso. Es mag ihnen nicht so vorkommen, aber nun sind alle im Bezirk zu Schaden gekommen.
Wer kümmert sich ums Jugendamt?
In erster Linie die Bürger: Bis auf weiteres wird es keinen Bezirksstadtrat geben, der oder die sich um Jugend, Gesundheit und Integration kümmert. Das Amt wird kommissarisch vom zweiten SPD-Stadtrat Michael Karnetzki mit verwaltet. Das bedeutet, dass sich im notorisch unterbesetzten Jugendamt so schnell nichts verbessern wird.
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Die Integration von Flüchtlingen ist auch im bürgerlichen Südwesten ein Thema, wenngleich es gerade hier gerne zur Seite geschoben wird. Da hätte die junge SPD-Frau frischen Wind in die Sache bringen können. Gelegenheit vertan. Die SPD muss nun einen neuen Kandidaten suchen, dem nicht schon zu Beginn das Stigma der "zweiten Wahl" anhängen soll. Das kann dauern, vielleicht sogar bis Januar.
Beschädigt ist bereits jetzt aber auch die neue Bezirksbürgermeisterin Cerstin Richter-Kotowski (CDU). Sie hatte für die Zusammenarbeit im neuen Bezirksamt die Devise ausgegeben, dass man kollegialer als in der letzten Legislaturperiode zusammenarbeiten will. Das haben ihr die eigenen Parteifreunde gründlich verdorben. Der rechtslastige Fraktionsvorsitzende Torsten Hippe erweist wieder einmal als schwere Bürde.
Was machen die Grünen?
Die Grünen müssen sich nun fragen lassen, ob sie mit dieser CDU wirklich weiterhin eine Zählgemeinschaft bilden wollen. Bisher hatte das noch Sinn gemacht, weil die CDU mit drei Bezirksstadträten alle Entscheidungen dominieren könnte. Nun hat sie nur noch zwei, ebenso viel wie die SPD. Was hält die Grünen noch bei der CDU?
Bleibt zum guten Schluss der Hinweis an die Neuen ebenso wie die Alteingesessenen in der BVV: Eine Bezirksverordnetenversammlung ist kein politisches Parlament! Fangt mit der Sacharbeit an. Es gibt genug zu tun.