Grünenabgeordnete in Berlin gelten seit jeher als besonders engagiert und fleißig. Das hat damit zu tun, dass sie sich auch in der kleinen Kommunalpolitik stets den großen Menschheitsthemen verpflichtet fühlen, von Weltoffenheit bis Klimarettung. Wer so im Innersten fühlt, macht nicht um 17 Uhr Feierabend.
Die beiden Abgeordneten Canan Bayram und Stefan Gelbhaar gehen in ihrem Engagement noch einen Schritt weiter: Sie üben derzeit jeweils zwei Mandate aus, eines im Abgeordnetenhaus und eines im Deutschen Bundestag. Das ist rechtlich zulässig, außerdem definieren beide den Begriff des Berliner „Feierabendparlaments“ gänzlich neu. Heißt: Wenn man im Bundestag mit dem Gesamtvolkvertreten durch ist, schlendert man nochmal rüber ins Berliner Abgeordnetenhaus und vertritt das lokale Wahlvolk. Nicht nur im Kreml brannte nachts das Licht. Chapeau!
Haushaltsverhandlungen im Wesentlichen beendet
Diese doppelte Anstrengung für das Gemeinwesen kostet nicht mal das Doppelte, weil die Abgeordnetenhausdiäten voll auf die Bundestagsdiäten angerechnet werden. Lediglich die Kostenpauschale von 2 500 Euro monatlich (zum Beispiel für ein Bürgerbüro) sowie bis zu 4 000 Euro für Personal (soweit vorhanden) zahlt das Landesparlament weiter. Trotzdem werden in- und außerhalb der Partei die Stirnen gerunzelt, Häufungen von Ämtern und Mandaten waren bei den Grünen noch nie beliebt.
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Die offizielle Erklärung der beiden Superparlamentarier sowie der Fraktionschefin Silke Gebel ist, dass man die Expertise der beiden langgedienten Abgeordneten in den Berliner Haushaltsverhandlungen gebraucht habe. Die sind aber im Wesentlichen beendet.
Abstimmung am kommenden Donnerstag
Gelbhaar spricht vom Januar als Termin für die Niederlegung seines Abgeordnetenhausmandats. Man müsse noch reden, sagt Gebel. Es gehe um das freie Abgeordnetenmandat und damit um ein hohes Gut. In der Partei wittern manche eher niedrige Beweggründe, nämlich die instabile Lage in der Bundespolitik mit einer möglichen Neuwahl.
Da könnten beide Multitasker ihren Sitz im Bundestag verlieren, so dass sie auf das Abgeordnetenhaus als sicheren Hafen spekulierten, heißt es.
Was wahr ist, und was üble Nachrede, das stellt sich am kommenden Donnerstag heraus. Dann stimmt das Plenum des Abgeordnetenhauses über den Haushalt ab. Externe Haushaltshilfen werden dann nicht mehr gebraucht.