Kommentar: Sputnik News, Polit-Pornografie für die AfD
Bald wird es keinen UKW-Hörfunk mehr geben. Millionen Radiogeräte sind dann Elektroschrott. Dem Trend zur Digitalisierung des Rundfunks folgend, muss ein DAB+ Gerät gekauft werden, wenn man demnächst noch Radio hören will. Schon die erste Senderwahl bietet eine Überraschung: Megaradio SNA.
Dort erklärt mir Leif-Erik Holm, dass er großen Spaß daran hätte, bei der Bundestagswahl die Kanzlerin in ihrem Wahlkreis zu schlagen. Der Oppositionsführer der AfD in Mecklenburg-Vorpommern genießt die Selbstdarstellung auf dieser Welle, auf der das rechte europäische Gipfeltreffen in Koblenz regelrecht gefeiert wurde, als Marine Le Pen und Geert Wilders etwas voreilig mit Frauke Petry die neue deutsche Kanzlerkandidatin ausriefen.
Besitzt die AfD schon einen eigenen Sender? Nein, aber sie ist auf dem besten Weg, über die vom russischen Staat finanzierte Sputnik News Agency (SNA) einen direkten Propagandakanal in unsere Rundfunklandschaft einzupflanzen. Über die Internetseiten sputniknews.com ist alles nachzuhören, was in den letzten Wochen an freundlichen PR-Aktionen für Petry gesendet wurde, wie der Hamburger Parteivorsitzende Baumann die „deutsche Medienschelte gegen Donald Trump“ mit Kritik an der AfD vergleicht, und wie sich Partei-Neuzugang Nicolaus Fest (früher BILD am Sonntag) darüber auslässt, dass er Steinmeier im Gegensatz zum Entertainer Thomas Gottschalk als Bundespräsidenten für total ungeeignet hält.
Ein Beitrag widmete sich Udo Voigt, der einen Prozess gegen das Europa-Parlament und seinen Präsidenten geführt hat, weil russischen Gästen der Zugang zu seinem Brüsseler Abgeordnetenbüro verwehrt worden war. Kein Wort darüber, dass die Klage des einzigen NPD-Abgeordneten im Parlament, einem rechtskräftig verurteilten Volksverhetzer und Waffen-SS-Verherrlicher, vom europäischen Gerichtshof längst abgewiesen wurde.
Unappetitliche Leserkommentare auf den Sputnik-Seiten
Noch gespenstischer und unappetitlicher ist die Lektüre von Leserkommentaren auf den Sputnik-Seiten. Da wird Obama mit den übelsten rassistischen Sprüchen aus dem Amt begleitet, Kanzlerin Merkel der Tod gewünscht und der deutsche Journalismus pauschal als Lügenfabrik verteufelt. Sputnik-Radio und „RT deutsch“, das Fernsehpendant – aus Moskau gesteuert, aus Berlin gesendet – sind die Alternativen für die Konsumenten vom rechten und häufig auch vom linken Rand.
Im Internet haben wir uns ja an jegliche Form politischer Pornografie gewöhnt. Aber was für ein Spuk findet da im Radio auf Frequenzen und Kanälen statt, für die man sich um eine Lizenz bewerben muss? Der Augsburger Privatsender Megaradio überließ vor zwei Jahren der Propagandaagentur „Russland heute“ einen Teil seiner Sendezeit für SNA. Ganz legal, mit Erlaubnis der Aufsichtsbehörde, der hessischen Landesmedienanstalt. Nur in Bayern gab es Widerstand. Dort wird Musik gespielt, während im Raum Frankfurt und in Berlin-Brandenburg über DAB+ das baldige Ende der EU verkündet wird, die AfD uns die Welt erklärt und die Medienverdrossenheit als Marktlücke genutzt wird.
Für die nächste Zuweisung von Übertragungskapazitäten im digitalen Radio ist am 24. Februar Anmeldeschluss. Vorher sollte man klären, ob eine solche Staatspropaganda zur deutschen Medienvielfalt beiträgt. Die Sendelizenz gilt zehn Jahre.