Kommentar: Warum wir für die Gewalt in Neukölln einen Untersuchungsausschuss brauchen
Jeden Donnerstag stehen Leute vor dem Landeskriminalamt und halten Schilder hoch. Ihre Frage: Warum sind nach 55 Anschlägen seit 2016 noch keine Täter ermittelt? Es geht um eine Serie von Gewalttaten in Neukölln, vor allem Brandanschläge, bei denen immer Vertreter des linken politischen Spektrums angegriffen werden, Politiker, Gewerkschafter, Leute, die sich gegen Neonazis engagieren.
Vermutet wird, dass es sich um eine rechtsextremistische Terrorgruppe handelt, aber die Ermittler können sie nicht fassen. Da Polizisten meist ein konservatives Weltbild unterstellt wird, lautet der Vorwurf: Die Polizei sei – wie einst bei den NSU-Morden – auf dem rechten Auge blind. Es wird sogar behauptet, das LKA würde die Neonazis schützen.
Forderung nach parlamentarischen Untersuchungsausschuss ist richtig
Ungeheuerliche Vorwürfe. Niemand kann sagen, ob dies stimmt oder nicht. Deshalb ist die Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss richtig. Solche Ausschüsse geben die Möglichkeit, in Akten zu schauen, die der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich sind, es werden Ermittler, Opfer und Angehörige gehört.
Der Vorteil: Im Ausschuss säßen Vertreter aller Parlamentsparteien, er wäre also nicht einseitig. Es ginge nicht um Unterstellungen, sondern möglichst um Fakten. Ein solcher Ausschuss mag viel Geld kosten und viel Zeit und Kraft. Und er könnte einzelne Ermittler belasten, aber eben auch entlasten. Aufklärung ist notwendig, denn es geht um Vorwürfe, die das Vertrauen in den Rechtsstaat untergraben. Und ein solcher Ausschuss würde früher oder später sowieso kommen: Wenn keine Täter gefasst werden, wenn die Anschlagsserie weitergeht, wenn Todesopfer zu beklagen wären.