ITB in Berlin: Der Urlaub wird immer mehr zum Luxus!

Die weltgrößte Reisemesse verkündet den Neustart nach drei Jahren Corona. Obwohl die Mehrheit ihr Reiseverhalten nicht geändert hat, ist die Branche im Umbruch.

Fliegen ist bei immer mehr Leuten verpönt, aber die Reisegewohnheiten haben sich bei den meisten kaum geändert.
Fliegen ist bei immer mehr Leuten verpönt, aber die Reisegewohnheiten haben sich bei den meisten kaum geändert.Silas Stein/dpa

Arbeit ist schön und gut und macht hoffentlich auch Spaß, aber Urlaub ist und bleibt für viele die schönste Zeit des Jahres. Viele sagen: Ich rackere mich im Alltag nur deshalb so ab, damit ich mir im Urlaub ein paar wunderbare Wochen leisten kann.

So lief es über Jahrzehnte. Die Tourismusbranche wuchs und wuchs. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs ging die Kurve des sogenannten grenzüberschreitenden Tourismus – also der Fernreisen – fast immer nach oben: 1950 wurden 25 Millionen internationale Tourismusankünfte auf der ganzen Welt gezählt, 2019 waren es dann 1,47 Milliarden, denn auch immer mehr Menschen aus einst ärmeren Ländern wollen und können die Welt entdecken.

Kräftiges Wachstum um 148 Prozent

Bis 2019 war es eine der großen Boom-Branchen. Dann kam Corona. Und mit der Pandemie wurden Reiseverbote verhängt, Länder gesperrt, Fluggesellschaften gingen pleite. Nun versucht die Branche einen Neustart und trifft sich gerade in Berlin zur ITB, zur Internationalen Tourismusbörse – der weltgrößten Messe der Reisewirtschaft. Übrigens die erste Großveranstaltung, die vor drei Jahren wegen Corona verboten wurde.

Die Internationale Tourismus Börse (ITB) findet nun ohne Publikum statt und wurde so zur reinen Fachmesse.
Die Internationale Tourismus Börse (ITB) findet nun ohne Publikum statt und wurde so zur reinen Fachmesse.imago images

Nun verkündet die Branche das Ende der großen Corona-Pause und hantiert mit sehr optimistischen Zahlen; beispielsweise, dass es bei den Buchungen von Pauschalreisen im Vorjahr einen Anstieg um 148 Prozent gab. Das klingt gewaltig, doch die Ausgangslage war mies, da in den Corona-Jahren davor der globale Umsatz um fast 75 Prozent eingebrochen war. Und noch sind die Zahlen aus dem Vor-Corona-Jahr nicht erreicht, auch wenn die Branche es für dieses Jahr erhofft.

Die Touristiker setzen auf den großen Nachholbedarf nach dem langen touristischen Dauerschlaf. Doch egal, wie urlaubshungrig und abenteuerlustig viele nun sind, es gibt ein Problem, das den Urlaub immer mehr zum Luxus werden lässt: die Preise.

Der Boom der halbwegs preiswerten Pauschalreisen ist auch damit zu erklären, dass fast überall sonst die Preise massiv erhöht wurden. Inflation und Wirtschaftskrise treiben auch für Hotels und Fluggesellschaften die Kosten nach oben. Umfragen zeigen, dass die Kunden im Vorjahr acht Prozent mehr für den Urlaub ausgeben mussten. Das entspricht der Inflationsrate. Doch es gibt auch reichlich Anbieter, die der Kundschaft viel höhere Steigerungsraten vorsetzen. Die Pandemie war lang und die Ausfälle gigantisch, da soll ein schöner Extragewinn eingefahren werden.

Zwei Beispiele: Wer im vergangenen März einen Flug nach Thailand buchte, fand ihn für knapp 500 Euro. In diesem März ist nichts unter 1200 Euro zu bekommen. Oder die Ferienwohnungen im vorher schon gar nicht mehr so preiswerten Kroatien kosten nun 20 Prozent mehr als im zweiten Corona-Sommer.

Das Problem: Auch in ihrem Alltag leiden die Kunden unter ständigen Preiserhöhungen. Einige kürzen nun beim Urlaub. Um diesen Ausfall auszugleichen, erhöhen die Tourismusanbieter wieder die Preise. Die Spirale dreht sich; und es ist die Frage, wann die Preise so hoch sind, dass Leute zu Hause bleiben.

Urlaub auf „Balkonien“

Dann stehen zwei Wochen auf „Balkonien“ an oder im Garten. Doch in Berlin beträgt die Wartezeit auf einen Kleingarten zwei bis zwölf Jahre – je nach Lage. Im Umland steigen die Grundstückspreise oft schneller als in der City, deshalb suchen einige nach Gärten im nahen Polen.

Immerhin wären die Hierbleiber dann Trendsetter, denn nicht zu verreisen, bleibt die ökologischste Form des Urlaubs. Doch die große Mehrheit hat – trotz aller Klimadebatten – bislang ihr Reiseverhalten nicht wesentlich verändert.

Aber Teile der Jugend orientieren sich um. Noch vor vier Jahren war es bei feierwütigen Jugendlichen durchaus üblich, einfach mal für ein Party-Wochenende nach Mallorca zu fliegen. Nun kauft die Jugend wieder mehr Interrail-Tickets, bleibt in Europa und fährt Bahn. Die Jugend passt ihre großen Träume der aktuellen Weltlage an. Nun geht es nicht mehr ein halbes Jahr die australische Küste entlang, sondern die portugiesische – auch wenn der alte VW-Bus definitiv kein Umweltmobil ist.

Und auch wenn der Flugverkehr „nur“ für drei Prozent der klimaschädlichen Gase sorgt, ist die Branche hellhörig geworden, denn die Gruppe der jungen umweltbewussten Kundschaft wird immer bestimmender. Immer mehr Menschen betreten kein Flugzeug mehr oder kein Kreuzfahrtschiff.

Damit der Tourismus als starke Branche überleben kann, will sie bis 2050 klimaneutral werden. Der Tourismus punktet mit seiner Bedeutung: Zehn Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung kommen aus dem Tourismus. Und für 80 Prozent der Entwicklungsländer gehört er zu den überlebenswichtigen Branchen.

Klar ist: Die Branche steckt in einem tiefgreifenden Wandel und so lautet das Motto der aktuellen ITB in Berlin: „Offen für Veränderungen“.