Supermami und Superpapi besuchten am Wochenende die nun endgültig geschlossene Bootshalle des Ethnologischen Museums in Dahlem. 15 bis 20 Kinder turnten auf dem kostbaren Nachbau eines Tonga-Katamarans von 1970 herum. Das Segel wurde so lange und unter den beglückten Blicken der Eltern herumgerissen, bis das ganze Schiff ins Schwingen kam. Juchhe!
Im Männerhaus aus Palau probierten Jungmannen mit Schwingern an den zierlich geschnitzten Deckenbalken aus, wie stabil die Konstruktion von 1907 ist. Sie hat trotzdem gehalten. Am Kriegsschiff von der Insel Luf testeten durchaus seriös aussehende Damen und Herren eifrig, ob die Paddel sich wirklich nicht bewegen lassen. Und ist die Kleine nicht niedlich, da auf der Auslegerplattform des letzten erhaltenen Fischerboots mit Krebssegeln von der Insel Taumako? Los, ein Selfie!
Es ist schlimm
Man stelle sich vor, eine Gruppe von Flüchtlingen aus Syrien hätte sich, sagen wir, in der Gemäldegalerie vor einem Madonnenbild vergleichsweise distanzlos verhalten. Was für ein Geschrei wäre da losgegangen. Aber in Dahlem ging für viele Abendländer offenbar alles. Jedes Gefühl für Objekte, die empfindlich sind und der Fürsorge bedürfen, schien geschwunden. Muttis schirmten Kinderhorden effizient gegen Einsprüche der Aufsichten ab, und wenn diese einen erwachsenen Übeltäter ansprachen, kamen Kommentare wie: „Museum macht eh dicht.“ Oder: „Ist doch Volkseigentum.“
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Ja, es ist schlimm. Zur Zivilisation und zur Stadtgesellschaft gehört die selbst (!)-bewusste Beachtung von Grenzen. Und zwar ohne dass ständig die Aufsicht eingreifen muss. In den vergangenen zwei Wochen sind wohl größere Schäden an den Objekten entstanden als in den 45 Jahren Ausstellungszeit. Zwei Dinge lernen wir: Erstens: Die Staatlichen Museen werden sehr viel mehr Aufsichten im Humboldt-Forum benötigen als bisher geplant. Zweitens: Die berlinische Is-mir-Schnuppe-Haltung, die sich beim Silvestermüll, bei vernachlässigten Parkanlagen oder abgestellten Kühlschränken auf den Straßen zeigt, hat die Räume der Hochkultur erreicht. Ist das nicht super?