Kommentar zu Dilek Kolats „Berliner Pakt für die Pflege“: Eine gute gemeinte Idee
Verdrängung ist in der Psychoanalyse ein Abwehrmechanismus gegen vermutete oder tatsächliche Bedrohungen. Es ist also sehr gut zu erklären, warum zwei Drittel der Berlinerinnen und Berliner lieber nicht darüber nachdenken möchten, wie das wohl mal sein wird, wenn sie selbst pflegebedürftig sein werden. Weil sie schon ahnen, dass das grässlich wird.
Die Krankenpflege steckt in der Krise. Die Gründe dafür sind vielfältig, die Auswirkungen nicht schön: Es gibt zu wenige Menschen, die sich den Job noch antun wollen. Die, die noch ausharren, sind überlastet und zu gering bezahlt. Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kolat hat nun eine Art Pflegeoffensive gestartet.
Der „Berliner Pakt für die Pflege“ sieht vor, dass die Zahl der Ausbildungsplätze in den Kliniken verdoppelt und die Bezahlung der Pflegekräfte verbessert wird. Sie soll sich an den Tarifen im öffentlichen Dienst orientieren. Außerdem sollen die Arbeitszeiten flexibler und familienorientierter gestaltet werden. Eine gute Sache also.
Berliner Kliniken in Privathand möchten Pakt nicht unterzeichnen
Es ist nur schade, dass in den meisten Kliniken davon vermutlich nur wenig umgesetzt wird. Denn in Berlin ist die Mehrzahl der Kliniken in der Hand privater Verbände, und von denen mochte bisher keiner den Pakt unterzeichnen.
Die Misere im Gesundheitswesen hat viele Gründe. Die Tatsache, dass man in Deutschland die Medizin mehr und mehr zum privaten Geschäft macht, das sich rechnen muss, ist mit Sicherheit einer davon. Demnächst werden in Berlin Unterschriften zur Enteignung von Wohnungsunternehmen gesammelt. Könnte es sein, dass da gerade das falsche Volksbegehren in Angriff genommen wird?