Kommentar zu Kommunalwahlen in der Türkei: Erdogans Machterhalt
Kommunalwahlen können eine ganze eigene Kraft entfalten und Wirkung zeigen, an die man zunächst gar nicht denkt. Am 7. Mai 1989, vor 30 Jahren also, wurde in der DDR gewählt, die Ergebnisse waren gefälscht, wie Bürgerrechtler nachweisen konnten, am Ende kollabierte die SED-Herrschaft und die Mauer fiel.
Erdogan will seine Macht in der Türkei mit allen Mitteln erhalten
Es hat schon eine gewisse Ironie, dass möglicherweise am Anfang vom Ende der Herrschaft des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan eine Kommunalwahl steht, die zum Bürgermeister der Millionenstadt Istanbul.
Diesmal geht es nicht um Wahlfälschung, sondern um ein Ergebnis, das dem Mächtigen nicht passt, weshalb er die Wahl wiederholen lässt. Die Motivation hinter beidem ist dieselbe: Machterhalt und -verteidigung und zwar mit allen Mitteln. Und natürlich wird in allen Fällen von Demokratie gesprochen. Das Beispiel DDR und auch die vergangenen Jahre in der Türkei zeigen, dass das eine Zeit lang funktionieren kann. Aber nicht auf ewig.
Erdogan kann erneut die Kommunalwahl verlieren - doch was dann?
Es ist, nimmt man einmal Erdogans Sicht ein, ein riskantes Spiel, das er da wagt. Verlieren wird er allerdings auf jeden Fall. Setzt sich sein Kandidat durch, fühlt sich mindestens die Hälfte der Menschen in Istanbul betrogen, denn die hatten ja im März gegen ihn gestimmt. Das wird Auswirkungen auch im restlichen Land haben. Verliert Erdogan mit seinem Kandidaten erneut die Kommunalwahl, hat er den Nimbus des ewigen Siegers für immer verloren. Die Frage ist, wie gewaltbereit er dann die Macht verteidigen wird.
Man kann der Opposition nur den gleichen Mut wünschen, wie ihn die Bürgerrechtler in der DDR gezeigt haben.