Kommentar zu Rolling Stones Waldbühne Berlin: Plagegeister auf Tour

Nur acht Minuten lang wurden die Karten für den Auftritt der angeblich größten Rock’n’-Roll-Band in der Waldbühne im Vorverkauf angeboten – dann waren alle 22.000 Eintrittskarten für das Berlin-Konzert der Rolling Stones an diesem Dienstag weg. Die Nachfrage ist zweifellos da. Aber dieser Rock-’n’-Roll-Zirkus (womöglich noch einmal mit aufblasbaren Phallussymbolen) hat nur noch musealen Charakter. Dies wird am Dienstag besonders deutlich werden, weil die Rolling Stones nach 49 Jahren ausgerechnet wieder in der Waldbühne spielen.

Damals, im Jahre 1965, zerlegten jugendliche Rockfans kurzerhand diesen lauschigen Veranstaltungsort, weil sie verdammt sauer waren über die kurze Spieldauer der rebellischen Rolling Stones. Die Waldbühne lag wegen dieses Gewaltausbruchs jahrelang brach.

Nachdem Mick Jagger nun Urgroßvater geworden ist und die gichtgeplagten Finger von Gitarrist Keith Richards nur mühsam eine Akkordfolge hinbekommen, ist diesmal sicher mit keinerlei Unruhen zu rechnen. Viele Besucher mit teils lichtem Haar werden sich an glorreiche Jugendtage erinnern wollen. Aber hey, war das das Konzept von Rock ’n’ Roll? Es ging doch um Bewegung, nicht um Stillstand.

Die Rolling Stones dürften ihre letzte gute Platte wohl 1978 gemacht haben. Seither sind sie mit seltsamen Geschäftsideen wie dem VW Golf mit Stones-Logo in Erscheinung getreten oder fielen benebelt von stattlichen Südsee-Palmen. Längst sind sie zu einer Karikatur ihrer selbst geworden. Deshalb sollten sich die Rolling Stones sofort auflösen, am besten rückwirkend. Leider wird das nicht passieren, und das liegt am demografischen Wandel. Die Alten werden immer mehr, aber alt werden wollen sie nicht. Den Soundtrack dazu liefern die Rolling Stones.