Berlin - Sebastian Turner und Thomas Heilmann machten die Werbeagentur Scholz & Friends in Berlin groß und erfolgreich. Doch statt in die moderne Firmenzentrale aus Glas und Stahl am Hackeschen Markt zieht es sie in die Rathäuser.
Sebastian Turner kandidiert für die CDU als Oberbürgermeister in Stuttgart, er wurde am Wochenende nominiert, Thomas Heilmann ist bereits seit Dezember CDU-Justizsenator in Berlin. Zwei Werber in der Politik, da schließt sich der Kreis, könnte man sagen, wenn man glaubt, dass es in der Politik nur um Slogans, nicht mehr um Ideen geht. Aber ohne eine gute Verkaufsstrategie nützt die beste Idee auch nichts.
Der Wechsel von Heilmann und Turner zeigt vor allem, wie attraktiv der Politikbetrieb noch ist, allen Unkenrufen nach den Rücktritten von Christian Wulff sowie dem Kurzzeit-Senator Michael Braun zum Trotz, als beschworen wurde, dass sich kein gutes Personal mehr finden ließe, weil die Öffentlichkeit zu anstrengend ist und die Bezahlung zu gering. Heilmann und Turner sind ein neuer Politiker-Typus. Sie haben keine Plakate geklebt, seit sie 16 sind, aber sie haben in Dresden 1990 ein Unternehmen aufgebaut, Jobs geschaffen, Netzwerke zwischen Politik und Gesellschaft geknüpft. Das macht sie nicht automatisch zu besseren Politikern, aber ihre andere Herangehensweise könnte Verkrustungen aufbrechen. Heilmann und Turner machen den Job nicht, weil sie durch die Politik die Karriereleiter hochklettern und in Privatjets mitgenommen werden wollen. Privatjets können sie selbst chartern. Sie wollen sich weiter entwickeln, Grenzen austesten, sich selbst etwas beweisen. Sie gehen in die Politik, wie Rechtsanwälte und Schauspieler eine Ausbildung zum Yogalehrer machen, zur Selbstverwirklichung. Ein bisschen Om kann der Bürokratie durchaus gut tun.