Kommentar zum 19. Dezember 2017: Lasst die Angehörigen der Opfer trauern!

Ein Jahr lang haben sich Politik, Ermittlungsbehörden und Öffentlichkeit mit dem „Fall Amri“ beschäftigt. Bekannt wurden erschreckende Pannen und peinliches Versagen. Das Gedenken an die Opfer – zwölf Tote aus Deutschland und fünf weiteren Ländern, an deren Hinterbliebene, an die fast 70 Verletzten – geriet nahezu aus dem Blick.

Am Dienstag soll nun der Tag der Opfer sein, ihr Tag allein. Alle Gedanken sollen jenen gewidmet sein, die ihr Leben, ihre Gesundheit oder einen geliebten Menschen verloren haben. Ein würdevolles Programm ist vorbereitet – für stille Trauer wie für öffentliche Anteilnahme am großen Schmerz.

Doch es gibt Leute, die können es nicht einmal an einem traurigen Tag wie diesem lassen, ihre politische Agenda abzuspulen. Drei Kundgebungen sind für den 19. Dezember in unmittelbarer Nähe des Breitscheidplatzes angemeldet.

Pietätlos und gefühlsroh

Zum einen muss das Berliner Bündnis gegen rechts unbedingt dann und dort seine Extrawurst grillen, um Solidarität mit den Angehörigen zu zeigen. Ein Linker hat sie angemeldet. Gehört die Linke nicht dem Senat an, der offiziell den Tag vorbereitet hat?

Zudem nutzt eine Anti-Islamismus-Initiative mit Promi-Sprechern die aufmerksamkeitsträchtige Gelegenheit, um sich pietätlos und gefühlsroh ganz in der Nähe des Ortes, an dem so viele starben, in den Vordergrund zu drängen.

Schließlich wagt es noch eine NPD-Gruppe unter der Losung „Grenzen schließen statt Weihnachtsmärkte“, das Gedenken zu beschmutzen.

Das mag man am widerlichsten finden, doch es ist aus der menschenfeindlichen Grundhaltung der Initiatoren noch am ehesten zu erklären. Denen wird ein Appell, auf ihren Aufmarsch an jenem Tag zu verzichten, am Arsch vorbeigehen. An die anderen geht die stille, traurige, flehentliche Bitte: Lasst ab! Demonstriert, wann ihr wollt für euer Anliegen. Aber nicht am Tag der Trauer.