Kommentar zum DDR-Gedenken: Erinnerung ist nötiger denn je

Am heutigen Freitag wird im ehemaligen Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit in Hohenschönhausen eine neue Dauerausstellung eröffnet. Es wurde Zeit. Denn mit schwindender Erinnerung an die zu Recht verblichene SED-DDR wächst der Bedarf, sich mit diesem Kapitel deutscher Geschichte zu beschäftigen. Die wachsenden Besucherzahlen in der Mauergedenkstätte Bernauer Straße und in Hohenschönhausen sprechen eine deutliche Sprache.

Für die junge, nach 1989 geborene Generation ist die DDR-Geschichte schon jetzt soweit entfernt wie das Kaiserreich oder die NS-Zeit. Noch gibt es in Hohenschönhausen ehemalige Häftlinge, deren Schilderungen am authentischen Ort, in diesem DDR-Ambiente von Blümchentapeten, Psychoterror, Spitzengardinen und staatlich organisierter Inhumanität, keinen Besucher unberührt lassen. Aber eines Tages wird es diese Zeugen nicht mehr geben und deshalb ist es wichtig, dass die Erinnerung an SED-Diktatur und deutsche Teilung sich auf feste Institutionen stützen kann.

Wie notwendig das ist, zeigt eine Episode aus Stuttgart, wo der Tag der Deutschen Einheit dieses Jahr begangen wurde. Dort stürmte eine Truppe linker Jungstalinisten eine DDR-kritische Ausstellung der Bundesstiftung Aufarbeitung. Begründung: Die „Errungenschaften“ der DDR würden nicht dargestellt. Und beim Aufbau des Sozialismus gebe es halt auch Fehler. Erinnerung braucht authentische Orte, gerade in der früheren Mauerstadt Berlin. Klaus Wowereit wird am Freitag eine diesbezügliche Rede in Hohenschönhausen halten. Zur gleichen Zeit wird an der Eastside-Gallery, dem letzten, langen, echten Mauerstück in Berlin, mit Wowereits Billigung ein Neubau hochgezogen, der schon jetzt die historische Mauer zur Nebensache degradiert.Es ist eine Schande.