Kommentar zum Friedrichstadt-Palast: Lieber Diplomatie als Boykott

Donnerwetter. Dass ein Showtheater wie der Friedrichstadt-Palast nicht nur für Unterhaltung steht, sondern in der Frage der Homosexuellenpolitik auch eine konsequente Haltung für Toleranz entwickelt, nötigt einigen Respekt ab. Allerdings ist das Haus mit seinen teils frivolen Shows auf Toleranz als Lebenselixier angewiesen. „Unsere Show Yma hat selbstverständlich homoerotische Momente. So wie sich das gehört für eine tolerante Stadt“, sagt der Intendant. Und vor der Bühne, im Parkett, amüsiert sich ein wachsendes schwules Publikum.

Dass die keine Lust haben, bei der nächsten Premiere mit Botschaftern aus einschlägig bekannten homophoben afrikanischen Ländern, aus Russland, Indien oder Saudi Arabien anzustoßen, während Schwule in diesen Staaten gleichzeitig verfolgt, eingesperrt oder sogar hingerichtet werden, ist nachvollziehbar.

Es bleibt ein schlechter Beigeschmack

Es ist Sache des Friedrichstadt-Palastes, wen er als Ehrengast einlädt oder draußen vor der Tür lässt. Es bleibt aber ein schlechter Beigeschmack, wenn ein Theater in der deutschen Hauptstadt sich fast mit der Hälfte des gesamten diplomatischen Korps anlegt und damit von Berlin aus das Signal an die halbe Welt sendet, dass man sie in dieser Frage für rückständig und für nicht dialog- und lernfähig hält.

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Das ist für ein Theater eine problematische Haltung, denn es gibt keinen besseren Ort als das Theater, in strittigen gesellschaftlichen Fragen die aufklärende Konfrontation mit dem Publikum (inklusive unsympathischen Ehrengästen) zu suchen – mit den Mitteln der Bühne, nicht mit der Einladungsliste. Es gibt in vielen Ländern haarsträubendes Unrecht und Unterdrückung, da wären viele Boykotts gegen Diplomaten fällig. Aber vielleicht fällt dem künstlerisch einfallsreichen Intendanten Schmidt noch etwas Besseres für den guten Zweck ein.