Kommentar zum NSU-Prozess: Reden Sie endlich, Frau Zschäpe!

Beate Zschäpe will aussagen! Diese Nachricht hatte vor Wochen schon riesige Erwartungen geweckt. Nach zweieinhalb Jahren Schweigen will die Angeklagte im NSU-Prozess ihr Schweigen brechen und reden. Na ja. Reden lassen. Ihr Anwalt wird eine Erklärung verlesen und hat medienwirksam seit Tagen darüber geredet ohne etwas zu sagen. Dieses Katz-und-Maus-Spiel der Angeklagten und ihrer Anwälte mit dem Gericht und der Öffentlichkeit ist schwer zu ertragen.

Vor allem, da wir womöglich enttäuscht werden. Allen voran die Angehörigen der Opfer. Sie sind die ersten, die ein Recht hätten, die Wahrheit zu erfahren; die verstehen wollen, warum zehn Menschen sterben mussten. Und natürlich erwarten sie zu Recht eine Geste des Bedauerns oder der Reue von der Angeklagten. Es wäre eine schlichte Geste der Menschlichkeit.

Bis heute wissen wir nichts

Aber die Verbrechen des NSU sind kein normaler Kriminalfall. Der NSU und seine Morde sind ein grauenvoller Teil der deutschen Geschichte. Es wäre fatal, sie könnten nicht aufgeklärt werden. Bis heute wissen wir nichts. Nicht, wer der NSU war. Nicht, wer ihn alles unterstützt hat. Nicht, welche Rolle genau der Verfassungsschutz oder die Polizei dabei spielt oder spielte.

Wir sind umgeben von einem Schweigekartell, in dessen Mittelpunkt Beate Zschäpe sitzt. Vielleicht beginnt dieses Kartell heute zu bröckeln, vielleicht entsteht heute eine Dynamik, die dann von Beate Zschäpe nicht mehr kontrolliert werden kann. Vielleicht beginnt heute die Aufklärung.

Es wäre in erster Linie den Angehörigen zu wünschen. Aber auch uns allen. Dem ganzen Land.