Kommentar zum Stadtverkehr: In Berlin bleibt das Auto wichtig

Die Berliner nehmen es kaum wahr. Aber es ist so: Für viele Verkehrsplaner aus anderen Hauptstädten ist die deutsche Metropole ein Traum. In so gut wie keiner Millionenstadt in der westlichen Welt gibt es, gemessen an der Einwohnerzahl, so wenige Kraftfahrzeuge, gibt es so viele Autos, die gemeinschaftlich im Carsharing genutzt werden. In kaum einer anderen großen Stadt hat der Fahrradverkehr in jüngster Zeit so stark zugenommen wie hier, was leider vor allem die Fußgänger zu spüren bekommen, doch auch sie haben es in Berlin dank breiter Gehwege besser als anderswo.

Dass das Bus- und Bahnsystem trotz alltäglicher Störungen halbwegs gut funktioniert, ist ebenfalls klar. Dann die Details, etwa: mit Kinderwagen in die U-Bahn – in Berlin meist kein Problem, in London oder Paris ein Albtraum.

Nicht zu vergessen: Verkehrszählungen zeigen, dass die Belastung der Straßen und der Stadtautobahn vielerorts sinkt, seit Jahren schon. Das ist noch so eine Entwicklung, die es kaum anderswo gibt, fast nur in Berlin. Und schon seit vielen Monaten ist die Straße Unter den Linden, früher eine der wichtigsten Ost-West-Adern in Mitte, gesperrt – größere Probleme gab es nicht.

Doch der Traum, dass ganz Berlin autofrei wird, dürfte sich in absehbarer Zeit kaum erfüllen. Denn natürlich ist dies immer noch eine Autostadt, werden in Berlin weiterhin viel mehr Kilometer am Lenkrad als mit Pedalkraft zurückgelegt – vor allem in den Außenbezirken, wo die Bebauung nicht mehr so dicht ist.

Auch Eltern, die grün wählen, packen ihre Kinder lieber ins Auto, anstatt mit ihnen auf den Bus zu warten. Nicht wenige Menschen sitzen lieber allein auf ihrem Vordersitz, lauschen dem Autoradio und trinken in aller Ruhe ihren Kaffee im Stau, anstatt sich mit vielen anderen Menschen in volle U- oder S-Bahnen zu drängen – ganz abgesehen davon, dass die Parkgebühren längst nicht in dem Maße gestiegen sind wie manche Fahrkartenpreise.

So sehr es manche Öko-Seelen auch peinigen mag, das Auto wird auch in Berlin bedeutsam bleiben. Deshalb sollte sich der Senat Gedanken machen, was gegen den täglichen Kollaps auf der Stadtautobahn getan werden kann.