Kommentar zum Tempelhofer Feld: Neue Zentral- und Landesbibliothek dringend nötig
Wenn das Flughafenfeld-Schutzgesetz per Volksentscheid geltendes Recht wird, steht Berlin vor Problemen, die bisher von den Pro-Volksbefragungs-Anhängern weitgehend ignoriert werden. Etwa: Wie bewahrt man die herrliche Wiesenlandschaft davor, sich in einen Wald zu verwandeln? Das Flughafenfeld ist eine Kulturlandschaft, die ununterbrochen gepflegt werden muss und keiner Übernutzung ausgesetzt werden darf. Einfach nur „Naturschutz“ und „freier Zugang für alle und immer“ rufen, hilft da wenig, wie die Förster in der Lüneburger Heide wissen. Oder: Was geschieht eigentlich mit der geplanten Erweiterung des muslimischen Friedhofs – sollen die Toten irgendwo an den Stadtrand gekarrt werden?
Und nicht zuletzt: Was wird aus dem seit inzwischen drei Jahrzehnten geforderten und nun endlich auch geplanten Neubau für die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB)? Eines der wichtigsten breitenbildungspolitischen Projekte Deutschlands. Die ZLB ist keine erweiterte Stadtteilbibliothek, als die sie lange von allen Politikern im Abgeordnetenhaus und bis heute von Grünen und Piraten behandelt wird. Sie ist die größte öffentliche wissenschaftliche Bibliothek Europas.
Wer wissen will, wie dringend die ZLB benötigt wird, der gehe in die total übernutzen Häuser am Halleschen Tor und an der Breiten Straße. Die Zustände dort sind trotz aller Anstrengungen der Mitarbeiter eigentlich längst unhaltbar, bis hinunter in die streng duftenden WCs.
Keine Alternativen
Die Stadt sollte durchaus debattieren, ob die Verlagerung der ZLB an die Ringbahn richtig ist. Schließlich ist dieser Ort vor allem deswegen ausgewählt worden, weil der Senat einen gewichtigen Ankernutzer für die Neubebauung der Grundstücke am West- und Südrand des Flughafengeländes brauchte. Es muss debattiert werden, ob nicht doch eine Erweiterung der Amerika-Gedenkbibliothek auf den Freigeländen daneben möglich wäre. Sicher ist hingegen, dass der immer wieder geforderte Ausbau des Flughafengebäudes bei Bibliotheksleuten unisono für Angstschweiß sorgt. Sie fürchten nicht etwa um den Denkmalschutz des Baus, sondern um die hohen Betriebskosten.
Als sich Bausenator Michael Müller (SPD) kürzlich festgelegt hat, auf den ZLB-Entwurf, der aus der Sicht der Bibliothekare der unpraktischere, teurere, riskantere ist, war das eine Steilvorlage für alle diejenigen, die meinten, es handele sich bei diesem Projekt nur um ein Wowereit-Denkmal. Aber die ZLB steckt in realer Not. Und vielleicht ist ja wirklich die Südwestecke des Tempelhofer Felds der einzige gangbare Weg. Die Grünen und Piraten oder die Flughafenfeld-Freunde haben außer kenntnisfreien Parolen jedenfalls bisher keine finanzierbare und in absehbarer Zeit realisierbare Alternativen gezeigt, weder für den Friedhof, bezahlbare neue Wohnungen in der Innenstadt, den Naturschutz oder den Wasserschutz oder für Berlins wichtigste Breitenbildungsinstitution, die ZLB.