Kommentar zur Berliner Union: Warum die CDU zukünftig eine ernsthafte Opposition sein könnte

Berlin - Was war nicht alles vermutet worden, als Kai Wegner vor drei Wochen ankündigte, Monika Grütters vom, na ja, Thrönchen der Berliner CDU zu stoßen – und Grütters aus Einsicht in die eigene Chancenlosigkeit ihre Kandidatur zurückzog. Mit dem erwarteten Sieg von Wegner auf dem Parteitag am 18. Mai setze sich in Berlins größter Oppositionspartei biederer Kleingärtnergeist gegen bürgerliche Weltoffenheit durch. Wegner werde Grütters’ Leute aus den Spitzenämtern vertreiben und diese durch eigenes, maximal durchschnittliches Personal ersetzen. Innerparteilicher Streit sei garantiert.

Die CDU setze damit leichtfertig die Gelegenheit aufs Spiel, verschüttete Wählerschichten freizulegen und Rot-Rot-Grün ernsthaft zu gefährden. Jetzt, drei Wochen nach Wegners Ankündigung, verzieht sich der erste Nebel. Erkennbar wird, dass die Dinge vielleicht nicht so einfach liegen. Mit seiner Entscheidung, Stefan Evers als Generalsekretär im Amt zu belassen, hat Wegner ein klares Zeichen gesetzt. Grütters hatte Evers bei ihrer Wahl vor zwei Jahren zum Generalsekretär gemacht – und wäre damit fast gescheitert. Damals war das ein klares Zeichen der Warnung der Partei an die neue Chefin.

Jetzt ist die Personalie Evers ein klares Zeichen der Versöhnung. Über Inhalte ist mit dieser Entscheidung freilich wenig gesagt. Tatsächlich muss die CDU ihr Profil schärfen – und damit ist nicht Verbalradikalismus und Fundamentalopposition gemeint. Bisher ist nur schemenhaft zu erkennen, wie sich die Partei den Zukunftsfragen einer wachsenden Stadt (Verkehr, Wohnen, Sicherung der Daseinsvorsorge) stellen will. Da hat Rot-Rot-Grün, bei allen Schwächen, einen erklecklichen Vorsprung.

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