Kommentar zur Künstlichen Intelligenz: Technik siegt beim „Capture the Flag“-Experiment

Der erste Reflex: Das klingt nicht gut für die Menschheit, denn Computer scheinen tatsächlich immer cleverer zu werden. Wir hatten uns ja daran gewöhnt, dass die Programme in klassischen Brettspielen wie Schach und Go gegen die Weltmeister gewinnen können. Aber jetzt ist der nächste erstaunliche Schritt gelungen: Erstmals erreichten die Systeme auch bei einem Spiel mit mehreren Teilnehmern eine höhere Erfolgsquote. Clever taten sie sich mit Mitspielern zusammen und gewannen viel öfter als menschliche Teams. Wo das nur hinführt?

Roboter mit künstlicher Intelligenz können beim Experiment besser aufeinander eingehen

Es ging um das uralte Geländespiel „Capture the Flag“ („Erobere die Flagge“). Zwei Teams versuchen dabei auf einem großen Feld, die Flagge des anderen Teams aus dem gegnerischen Hauptquartier zu stehlen. Auch an der digitalen Version waren mehrere Mitspieler beteiligt. Nach rund 200.000 Spielen waren die KI-Agenten im Schnitt besser als die besten Menschen. Zuletzt siegten sie deutlich: Wenn zwei menschliche Spieler gegen zwei KI-Agenten antraten, eroberten die Programme durchschnittlich 16 Flaggen mehr.

Und jetzt? Die Erkenntnisse aus dem „Capture the Flag“-Experiment könnten dazu führen, dass Roboter in Fabrikhallen besser aufeinander eingehen oder selbstfahrende Autos sich schneller auf der Straße verständigen, sagen die Programmierer. Wenn wir ehrlich sind, wissen wir längst, dass diese moderne Technik schon seit Jahren unseren Alltag beeinflusst, weil die Maschinen immer schneller lernen. In vielen Haushalten werden die Sprach-Assistenten wie Alexa ganz selbstverständlich genutzt, ohne dass sich jemand fragt, wie die Maschine antworten kann. Beim Sortieren der Urlaubsfotos sind die Programme auch längst hilfreich. Algorithmen erkennen in der Medizin Tumore zuverlässiger. Und vor einigen Wochen wurde bei Spotify das erste künstlich erstellte Musikalbum veröffentlicht (leicht erstellbare Spa-Musik). Das sind die harmlosen Beispiele.

Künstliche Intelligenz ist Treiber der Digitalisierung - doch sie muss reguliert werden

Bedenklich wird es, wenn Algorithmen darüber entscheiden, welche Familie in welcher Wohnung leben darf. Das sogenannte „Social Scoring“ wird bereits in China angewandt. In einer Umfrage zeigte sich, dass die Bürger der Methode vertrauten, weil sie die Computerprogramme für weniger bestechlich halten als die Behörden. Was natürlich sehr naiv ist, denn die Programme werden von Menschen geschrieben, die Beurteilungskriterien von Menschen festgelegt. Der Computer ist nur der Diener. Noch jedenfalls.

Wo das alles hinführen wird, weiß kein Mensch. Auch die besten Forscher sind immer wieder überrascht, was bei ihren Experimenten mit neurolanen Netzen gelingt und was nicht. In Science-Fiction-Filmen werden meistens Horror-Geschichten von unkontrollierbaren Robotern erzählt, wissenschaftlich fundiert sind diese Szenarien von dunklen Zeiten aber nicht. Es braucht kluge Forscher und Experten, um die richtigen Schlüsse für die Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zu ziehen. Denn, daran besteht zumindest kein Zweifel: Künstliche Intelligenz ist ein Treiber der Digitalisierung. Und Regulierung ist unumgänglich.

Der Erfolg vom Künstlicher Intelligenz bei Abenteuerspielen scheint trivial - ist es jedoch nicht

Die siegreiche Software für das Abenteuerspiel stammt übrigens von einem Tochterunternehmen des Alphabet-Konzerns, früher unter Google bekannt. Was auch zeigt, wer zurzeit bereit ist, viel Geld in die neue Schlüsseltechnologie zu investieren. In Deutschland tut sich die Regierung bei der Förderung extrem schwer. Von drei Milliarden Euro für die kommenden Jahre war die Rede, zuletzt hieß es, dass es pro Jahr nur noch 500 Millionen sein sollen. Nur zum Vergleich: Das chinesische Unternehmen Alibaba hat als Investitionssumme alleine bis zu 16 Milliarden Euro vorgesehen.

Der Erfolg von Künstlicher Intelligenz in einem Abenteuerspiel, das vor allem Kinder auf der Wiese spielen, mag auf den ersten Blick keine große Sache sein. In Ländern wie China und den USA haben schon kleinere Impulse in der Vergangenheit gereicht, um das Potenzial der neuen Technologie zu erkennen.