Blockaden: Ich finde es gut, wenn ihr für meine Generation protestiert. Aber so?
Unsere Autorin ist 15 und Schülerpraktikantin in der Redaktion. Sie versteht die Aktivisten, die oft älter sind als sie – aber auch die frustrierten Autofahrer.

Ich war am Donnerstag am Frankfurter Tor, das war der Tag, an dem sich rund 70 Aktivisten der „Letzte Generation“ dort an die Straße geklebt hatten. Es kam zu kilometerlangen Staus. Sie wollen so auf den drohenden Klimawandel aufmerksam machen. Am Mittwoch waren sie am Bundeskanzleramt und haben dort die Wand beschmiert, am Dienstag blockierten sie die Autobahnauffahrten in Berlin.
Als ich an der großen Kreuzung ankam, waren nur noch wenige übrig, die auf den Straßen saßen. Für mich überraschend waren es vor allem viele ältere Menschen, die sich festklebten, nicht nur junge Aktivisten. Sie hatten alle Warnwesten von der Polizei bekommen, damit sie nicht aus Versehen angefahren werden. Ich konnte noch die Ölspuren auf der Straße erkennen, sie zeigten die Stellen, an denen andere ihre Hände von der Straße schon abgelöst bekommen hatten. Die Stellen waren mit Sand überdeckt. Viele Passanten sahen der Polizei zu, wie sie die restlichen Aktivisten von der Straße lösten und versammelten sich um sie herum.
Ich bin zum ersten Mal so nah bei einer Aktion wie dieser dabei gewesen. Sonst habe ich es immer nur durch Nachrichten oder Erzählungen von Lehrern mitbekommen, obwohl es hier doch um mich geht: Ich bin 15 Jahre alt. Laut IPCC-Bericht droht die Erderwärmung um 1,5 Grad schon im Jahr 2030, da bin ich 23 Jahre alt. Es geht hier ganz konkret um meine Generation, die diese Auswirkungen erleben wird.
Ich hatte erwartet, dass die Aktivisten mehr mit der Polizei diskutierten, aber sie blieben relativ ruhig. Ich kenne die Videos, in denen Autofahrer lautstark mit Aktivisten streiten. Rundherum um die Kreuzung kam es immer wieder zum Streit: An der Haltestelle Frankfurter Tor diskutierten mehrere Passanten über die Aktion, die einen fanden es gut und unterstützten die Aktivisten vollkommen („Richtig so“, riefen sie), die anderen nervte es einfach nur: „Das kann man doch anders lösen, ohne Festkleben!“, rief ein junger Mann.
Es gibt andere Möglichkeiten, Aufmerksamkeit zu erzeugen
Ich finde es grundsätzlich gut, wenn sich Leute um meine Generation Gedanken machen. Ich kann die Aktivisten nachvollziehen, weil solche Aktionen eine große öffentliche Aufmerksamkeit bekommen, für die Sache ist das erst einmal gut. Besonders meine Generation wird die Folgen des Klimawandels erleben. Die Auswirkungen der Erderwärmung und Lebensmittelknappheit werden massiv sein.
Andererseits kann ich auch die wartenden Autofahrer verstehen. Krankenwagen können sich wegen so einer Aktion zum Beispiel nicht vom Fleck bewegen. Menschen kommen zu spät oder erst gar nicht zur Arbeit. Ich meine, man sollte nicht so weit gehen, dass andere Leute in ihrem Alltag derart beeinträchtigt sind. Es gibt noch viele andere Wege, auf das Klimaproblem aufmerksam zu machen. Mein Vorschlag wäre ein Kompromiss: den Protest auf großen Plätzen (Alexanderplatz) oder am Rande von großen Straßen zu vollziehen. Laut und regelmäßig.