Kommentar zur Sicherheit: Es gibt keine rechtsfreien Räume, aber...
Natürlich ist CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn ein Populist. Einer, der mit Ängsten spielt, der Vorurteile befeuert und Menschen gegeneinander ausspielt. Das hat er mit seinen Äußerungen zu Hartz IV getan, mit seiner irrwitzigen Einschätzung, dass der Regelsatz keineswegs mit Armut gleichzusetzen sei. Und das macht er jetzt wieder, wenn er von rechtsfreien Räumen spricht, in denen der Staat nicht mehr handlungsfähig sei.
Und natürlich springen jetzt viele auf auf den Spahn-Zug. Alexander Dobrindt zum Beispiel. Der CSU-Landesgruppenchef hat mit der Roten Flora in Hamburg und der Rigaer Straße hier in Berlin auch gleich zwei solcher rechtsfreien Räume ausgemacht. Um es klar zu sagen: Es gibt keine rechtsfreien Räume. Nicht in Berlin, nicht in Hamburg, nicht in irgendeiner anderen deutschen Stadt.
Jetzt kommt das Aber, und jetzt wird es schwierig. Denn es gibt gerade auch hier in Berlin immer wieder Situationen, in denen es den Menschen schwer gemacht wird, daran zu glauben, dass der Staat allzeit handlungsfähig ist. Wenn es in der Rigaer Straße mal wieder Ärger gibt, wenn Autos brennen, wenn Nachbarn eingeschüchtert werden, weil sie sich beschwert haben über die Zustände rund um die Rigaer 94 und die Kadterschmiede. Dann ist es keineswegs so, dass ein Anruf genügt, um einen Streifenwagen an den Schauplatz zu bekommen.
Wir haben an der Rigaer Straße ein Problem
Es ist kein Geheimnis, dass die Polizei in der Rigaer Straße nur noch in Mannschaftsstärke aufläuft. Nicht umsonst forderte der Personalratsvorsitzende der Polizeidirektion 5, Dirk Bork, gerade eine Gefahrenzulage für Einsätze in der Rigaer Straße. Wie kommt so etwas beim Bürger an? Er merkt, dass er mit schneller Hilfe kaum rechnen kann, wenn die Polizei erst einmal die Kräfte zusammenziehen muss, um sich einen solchen Einsatz zuzutrauen. Es gibt aus polizeilicher Sicht sicherlich gute Gründe, so zu verfahren. Das Signal allerdings ist fatal.
Jens Spahn kennt wahrscheinlich niemanden, der in der Rigaer Straße lebt. Und die Menschen sind ihm vielleicht sogar egal, denn einem Populisten wie ihm geht es in erster Linie nicht um Menschen oder Lösungen. Ihm geht es um den Effekt. Und trotzdem, dass muss man leider zugeben, hat er nicht ganz unrecht. Wir haben an der Rigaer Straße ein Problem. Darüber müssen wir reden. Sogar dann, wenn Jens Spahn angefangen hat.