Kommentar zur Straßensheriff-App: Jeder gegen jeden

Der Mensch ist nicht ehrlich und neigt zur Regelüberschreitung. Seien wir doch ehrlich und geben das zu. Wie oft greifen wir zu einer Notlüge, Ausrede oder machen etwas, was eigentlich nicht erwünscht oder sogar verboten ist. Wir werfen neuerdings beispielsweise Flaschen in die Sammeltonne, weil uns der Weg zum Glascontainer einfach zu weit ist. Also, jeder begeht jeden Tag wenigstens einen Regelverstoß. Das gilt auch im Straßenverkehr.

Der Autofahrer fährt gerne zu schnell und parkt auch mal an der falschen Stelle, der Radfahrer trägt während der Fahrt riesige Kopfhörer und gibt keine Abbiegezeichen, und der Fußgänger läuft einfach bei Rot los, schließlich ist ja gerade kein Fahrzeug zu sehen. Hier will nun ein beherzter Berliner eingreifen und zumindest die Verfehlungen der Autofahrer komplett ausmerzen. „Straßensheriff“ heißt seine App, die er Ende März freischalten will.

Dann kann endlich jeder jeden Autofahrer wegen Falschparkens anzeigen. Prima. Und dann kommt die App gegen verwirrte Radler, die mit Kaffeebechern in der Hand unterwegs sind oder im Dunkeln ohne Licht fahren. Dann die gegen Fußgänger, die auf Radwegen laufen und unbeschwert ihre Kippen auf die Straße schnipsen. Toll, jeder zeigt jeden an! Das macht das Zusammenleben in dieser Stadt so richtig schön.
Zur Erinnerung: Es gibt Ordnungsämter und auch Polizisten, die schon jetzt die eine oder andere Ordnungswidrigkeit gründlich ahnden. Und das in Größenordnungen. Die Zahl der Strafzettel allein wegen Parkverstößen geht jährlich in die Hunderttausende und bringt Millionen an Einnahmen. Dabei sollten wir es auch im Interesse eines vernünftigen Zusammenlebens belassen. Denn wer will denn schon permanent an seine Unzulänglichkeiten erinnert und dafür ständig bestraft werden.