Konflikt zwischen USA und Russland: Der ewige Kampf um Rohstoffe - Kommentar
Viele Nachrichten klingen dieser Tage, als stammten sie aus dem vergangenen Jahrhundert: Die USA und Russland streiten über neue Mittelstreckenraketen. Beide Seiten erwägen eine Modernisierung ihrer Atomwaffen. Der deutsche Außenminister bemüht sich in Moskau und in Washington um Vermittlung. Der US-Sicherheitsberater spricht über einen Regimewechsel in Iran. Und, ganz aktuell: Die USA und andere westliche Staaten unterstützen Bemühungen zum Sturz des venezolanischen Präsidenten, Russland warnt vor einer militärischen Intervention. Man könnte meinen, der Kalte Krieg sei zurückgekehrt, wie einst stets kurz davor, an der einen oder anderen Stelle zu einem heißen Konflikt mit Waffengewalt zu eskalieren.
Damals, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, erschien die Weltpolitik wie eine einzige große Auseinandersetzung zwischen zwei Gesellschaftssystemen, mit den USA und der Sowjetunion als Führungsmächten. Es sah aus wie ein Wettbewerb der Ideen, zwischen dem kapitalistischen Westen und dem sozialistischen Osten. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und ihres Machtbereichs Ende der 80er-Jahre erschien dann wie ein Sieg des Westens, also der Guten, ein Ende der Geschichte. Naiv gesagt: Nun müsste doch alles gut werden. Das war eine der großen Illusionen jener Jahre.
Wiederkehr alter Konflikte und Strukturen
Denn wenn wir auf das Weltgeschehen von heute schauen, sehen wir eine Wiederkehr der alten Konflikte und Strukturen. Nur die ideologischen Vorhänge, die damals den Kern der Kämpfe verschleiert haben, sind gefallen. Zwar gibt es immer noch einige, die sich notdürftig mit gesellschaftspolitischen Ansprüchen zu tarnen versuchen. Die gar das Wort Sozialismus auf ihren Fahnen tragen, von Nordkorea über China bis Venezuela, doch welch eine Perversion der Ideen von Marx und Engels, Liebknecht und Luxemburg zeigt sich da. Auf der anderen Seite geben sich die Anhänger des America-First-Präsidenten schon gar keine Mühe mehr, ihre Ambitionen mit den Ideen von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten zu verbrämen.
Wir sehen heute mit brutaler Klarheit, dass hinter den ideologischen Vorhängen schon immer ökonomische und machtpolitische Interessen steckten. Das haben kluge Leute zwar auch damals schon analysiert, aber hören wollten das nur wenige. Soziologische Wortungetüme wie Militärisch-Industrieller Komplex oder Staatsmonopolistischer Kapitalismus luden nicht zu breiten Debatten ein. Außerdem funktionierte lange Zeit die Propaganda, die auf beiden Seiten die internationalen Aktivitäten als Teil des Kampfes für eine bessere Welt erscheinen ließ.
Tatsächlich ging und geht es bei den meisten internationalen Konflikten um den Zugang zu Rohstoffen. Das gilt für die Kriege in Irak und Syrien, für die Auseinandersetzungen in Afrika und nun auch für Venezuela. Überall haben fremde Mächte ihre Finger im Spiel, lassen oft Stellvertreterkriege führen, die nach außen gern als Bürgerkrieg getarnt werden, wie dies bis heute in Syrien versucht wird. Auch in Venezuela läge diese Deutung im Falle militärischer Auseinandersetzungen nahe, weil das Land ja tatsächlich politisch seit langem politisch tief gespalten ist.
Aber weshalb interessiert das die USA oder Russland, die den Konflikt zu einem Thema der Weltpolitik gemacht haben? Der Grund liegt im Ölreichtum des lateinamerikanischen Landes, der lange von US-amerikanischen Konzernen ausgebeutet wurde. Russland und China sind nach deren Verstaatlichung durch den Maduro-Vorgänger Hugo Chavez als Investoren eingesprungen, um ihrerseits von den riesigen Rohstoffreserven zu profitieren. Der von den USA bedrängte, erdölfördernde Iran wiederum hat wie Venezuela ein Interesse daran, die Ölpreise auf dem Weltmarkt hoch zu halten. So finden sich alle Spieler, die sich aus Zeiten des Kalten Krieges bestens kennen, als Beteiligte dieses Konflikts Jahrzehnte später wieder. Nur von einem Kampf um eine bessere Welt spricht niemand mehr. Außer den Bürgern von Venezuela, die wie die Iraker, die Syrer und viele andere vor ihnen zu Opfern von Rohstoffkriegern zu werden drohen, die nichts weniger interessiert als das Wohlergehen der Menschen.