Kosmosviertel in Berlin: Wohnungskauf ruft Steuerzahlerbund auf den Plan
Berlin - Das Kosmosviertel in Altglienicke ist gerettet. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“ hat rund 1800 Wohnungen gekauft und damit 5600 Bewohner vor Mietererhöhungen und Verdrängung geschützt. Ein Millionen-Invest, das ganz grundsätzliche Fragen aufwirft. Lohnt sich so ein Deal, der zwar Kieze sichert, aber nicht eine einzige neue Wohnung schafft? Oder wäre es nicht besser, Berlin würde mit den Geld neue Wohnungen bauen? Und wo will Berlin in Zeiten der Wohnungsnot überhaupt hin?
Jetzt hat sich der Steuerzahlerbund in den Chor von CDU, FDP, AfD und IHK – und das ist nur eine unvollständige Liste – eingereiht, die sich gegen den Ankauf Tausender Wohnungen wenden. Nach Ansicht von Verbandschef Alexander Kraus zahlten die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften „Spekulantenpreise“. Die zusätzliche Nachfrage treibe das Preisniveau am Immobilienmarkt sogar noch weiter in die Höhe. Darüber hinaus sei der Immobilienmarkt in Berlin mit 1,92 Millionen Wohnungen so groß, dass der Ankauf von 1800 Wohnungen keinen Effekt auf das Mietniveau habe. Die immer weiter steigenden Mieten seien eine „zwangsläufige Folge einer anhaltenden Niedrigzinsphase und eines ungebrochenen Bevölkerungszustroms“, so Kraus.
Land Berlin gibt 36,5 Millionen Euro für den Kauf des Kosmosviertels dazu
Nun sind Vertragsdetails prinzipiell geheim, das gilt auch für den Deal im Kosmosviertel. Dennoch sickerten am Donnerstag aus dem Vermögensausschuss des Abgeordnetenhauses Zahlen durch: 250 Millionen Euro habe die Gesellschaft Stadt und Land für die 1821 Wohnungen im äußersten Südosten bezahlt – das Land schießt aus seinem Ankaufsfonds 36,5 Millionen Euro dazu.
Die Finanzverwaltung kommentiert die Summen nicht – schon um die eigene Position bei weiteren Verhandlungen nicht zu verschlechtern. Und dass es weitere Verhandlungen zum Kauf von Immobilien geben wird, ist so gut wie sicher. Schließlich will Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) innerhalb von zehn Jahren 100.000 Sozialwohnungen mehr haben – 60.000 sollen neugebaut, 40.000 angekauft werden. Doch der Weg dahin ist steinig: So erwarben kommunale Gesellschaften voriges Jahr 3746 Wohnungen, davon 638 im Rahmen eines Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten zum Erhalt der Sozialstruktur.
Entsprechend ist auch der Topf für solche Deals geschmolzen. Drinnen waren: 100 Millionen Euro aus dem „Sondervermögen Infrastruktur der wachsende Stadt“ (SIWA). Dazu kamen 16 Millionen aus dem Nachtragshaushalt und weitere 20 Millionen sogenannte Verstärkungsmittel aus einem Nachhaltigkeitsfonds (NA). Übrig sind gerade einmal 1,5 Millionen Euro. Doch für Nachschub ist bereits gesorgt. Denn der Senat hat mit Mitteln aus dem SIWANA-IV-Programm einen Grundstücksankaufsfonds aufgelegt. Drinnen sind stattliche 150 Millionen Euro. Viel Geld also für weitere Deals.
Senat verzichtet bei 46.000 Sozialwohnungen auf Mieterhöhungen
Dazu passt auch eine andere Nachricht: Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) verkündete am Donnerstag, dass der Senat bei 46.000 Berliner Sozialwohnungen auf die anstehenden Mieterhöhungen verzichtet. So war es übrigens auch schon in den vergangenen Jahren.
Freuen können sich Mieter in Wohnungen, die im Zuge des alten sozialen Wohnungsbaus entstanden sind und noch immer der Sozialbindung unterliegen. Dort sind jährlich jeweils im April Mieterhöhung um 13 Cent je Quadratmeter vorgesehen. Da nicht alle dieser Wohnungen dem Land gehören, erhalten die Eigentümer eine Ausgleichszahlung. Im Haushalt stehen dafür acht Millionen Euro zur Verfügung.
„Der soziale Wohnungsbau hat eine wichtige Funktion für ein bezahlbares Wohnungsangebot, insbesondere für größere Haushalte und Familien mit Kindern“, begründet Lompscher. Das gilt allerdings nicht nur für den aktuellen Bestand. Das gilt auch für die Wohnungen, die fehlen, weil sie niemand baut.