Kritiker skeptisch: Senat verspricht Radfahrern ein besseres Berlin

Da bleibt kaum ein Radfahrerwunsch offen. 100.000 Radstellplätze sollen geschaffen werden, dazu 100 Kilometer Radschnellwege und an jeder Hauptverkehrsstraße Radstreifen, die vor dem übrigen Verkehr geschützt und breit genug zum Überholen sind. Nach der rot-rot-grünen Koalitionsvereinbarung wird den Radlern nun erneut ein besseres Berlin versprochen.

Am Dienstag hat der Senat den Entwurf des geplanten Mobilitätsgesetzes zur Kenntnis genommen. Es wird bundesweit das erste Gesetz sein, das für Radfahrer Partei ergreift. „Ein historischer Tag für Berlin!“ jubelte Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek. „Nicht weniger als eine Revolution.“ Doch einklagbar sind die Versprechungen nicht.

„Das war Turbo.“

„Es wird das erste Gesetz seiner Art in Deutschland sein“, sagte Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne), die den Entwurf vorgelegt hat. Es widmet sich vor allem Verkehrsarten, die besonders umweltfreundlich sind. Teil 2 wird den Nahverkehr behandeln, Teil 3 den Radverkehr. Die Belange der Fußgänger sollen in dem Text, der 2018 erarbeitet wird, berücksichtigt werden. Dann geht es auch um „intelligente Mobilität“, wozu Car Sharing und autonomes Fahren zählen, eventuell auch um den Wirtschaftsverkehr. „Wir nehmen alle Verkehrsmittel gleichberechtigt in den Blick“, so Günther.

Auch das Verfahren war neu, so die Senatorin: „höchst partizipativ“. So schrieb am Radverkehrs-Teil die Radlobby mit, das gesamte Verfahren wurde vom neuen Mobilitätsbeirat begleitet. Jedoch ging es der Initiative Volksentscheid Fahrrad und dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) oft zu langsam. Günther wies das erneut zurück. „Entgegen der landläufigen Meinung glaube ich: Das war Turbo.“ Am 15. Februar 2017 begann die Arbeit am Entwurf, am 4. August war er fertig. „Schneller ist so etwas nicht zu machen“, so die Politikerin. Danach wurden fast 700 Einwendungen eingebracht, von denen viele eingearbeitet wurden.

Noch immer nicht genug Planer

Im Januar soll der Entwurf vom Rat der Bezirksbürgermeister behandelt werden. Die nächste Sitzung ist am 18. Januar, doch der Senat will schon vorher ein Treffen arrangieren. Es folgen der Senatsbeschluss und die Beratung im Abgeordnetenhaus. Die Radlobby hofft, dass das Parlament das Gesetz vor Ostern 2018 verabschiedet, der Senat sieht’s ähnlich. „Ich wünsche mir eine Debatte, die zügig geht“, so die Senatorin am Dienstag.

Die Verwaltung sei verpflichtet, die Ziele des Gesetzes zu verwirklichen, sagte sie. Beobachter fragen sich aber, wie die Verwaltung das schaffen soll. Bisher konnten die Bezirke von 24 neuen Stellen für Radverkehrsplaner nur 14 besetzen. Unklar ist auch, ob das neugegründete Senatsunternehmen Velo Infra genug Personal werben kann. Ab 2019 will Berlin jährlich 51 Millionen Euro in Radlertrassen investieren. Künftig sollen jährlich bis zu 30 Kreuzungen sicher gestaltet werden, wird versprochen. 2017 gelang das nur bei drei Knotenpunkten.

Bürger können kein Ziel des Gesetzes einklagen. Ursprünglich sollten Organisationen, die sich um Umweltschutz oder nichtmotorisierten Verkehr kümmern, vor Gericht ziehen dürfen, wenn Behörden gegen Belange der Verkehrssicherheit verstoßen. Doch nach einem Treffen mit dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) wurde das Verbandsklagerecht gestrichen. Der ADAC fühlte sich ausgeschlossen.