Kühlschrank kaputt: In Deutschland funktioniert gar nichts mehr, sagt der Monteur
Kaum Personal, lange Wartezeiten, unfassbar hohe Kostenvoranschläge: In Berlin sollte einem besser kein Gerät mehr kaputtgehen. Eine Kühlschrank-Odyssee.

Der Kühlschrank meiner Mutter ging am heißesten Tag des Jahres kaputt. Dem ersten heißesten Tag des Jahres. Man verliert ja in diesem Sommer den Überblick über die Hitzewellen. Es war jedenfalls der Dienstag vor zwei Wochen. Der Kühlschrank habe plötzlich gepiept, sagt meine Mutter, wenig später stellte sie fest, dass er sich damit abgemeldet hatte.
Ihre Stimme zitterte, als sie meinem Bruder und mir die Neuigkeit mitteilte. Uns erschien das übertrieben. Ist doch nur ein Kühlschrank, sagten wir ihr unabhängig voneinander, den man ersetzen oder reparieren könne.
Das ist in ein paar Tagen behoben, sagten wir. Zwei Wochen später rief ich meine Mutter an, um mich für diesen Optimismus zu entschuldigen. Sie hatte wenig Zeit, denn sie wartete auf einen Anruf der Firma, die ihren Kühlschrank in ihrer Gewalt hatte. So klang es inzwischen, wie eine Sache, bei der Lösegeld fließen müsste.
Es handelt sich um eine Kühlkombi der Marke Panasonic. Oben Kühlschrank, unten Tiefkühler, silbergrau, sieben Jahre alt. Das Gerät hatte nie Probleme gemacht, meine Mutter mochte es, sie entschloss sich, es reparieren zu lassen. Ich freute mich, weil ich das für ökologischer hielt. Warum immer alles gleich wegwerfen?
Meine Mutter suchte im Internet nach einem Reparaturbetrieb in Berlin und setzte sich ans Telefon. Sie blieb zweieinhalb Stunden sitzen. Sie wusste danach nicht mehr genau, wie viele Betriebe sie angerufen hatte, aber sie schätzte, dass es mindestens 15 waren. Urlaub, kein Personal, ausgebucht, nichts zu machen. Irgendwann habe sie eine nette Frau erreicht, die Mitleid hatte und den einzigen Monteur schickte, der in ihrem Betrieb noch im Dienst war.
Er verstehe, wenn sie jetzt sauer werde, sagte der Monteur
Der Monteur lobte die Kühlkombi, nur der Kompressor sei hinüber. Sein Kostenvoranschlag belief sich auf 562 Euro. Die Kühlkombi hatte einst 700 Euro gekostet. Der Monteur sagte, er verstehe, wenn meine Mutter sauer werde, das passiere im Moment ständig. Vor zwei Jahren hätte er ihr die Reparatur noch für die Hälfte anbieten können. Aber nun sei alles teurer, von den Ersatzteilen bis zum Sprit. Es mache vielen Kollegen keinen Spaß mehr zu arbeiten, weil man so oft beschimpft werde.
Meine Mutter schimpfte nicht, sondern gab ihm den Kühlschrank mit, er brachte ihn am nächsten Tag zurück. Zwei Tage später piepte der Kühlschrank und stellte die Arbeit wieder ein. Noch einmal zwei Tage später erreichte meine Mutter die nette Frau beim Reparaturservice. Sie sagte: Hier geht diese Woche gar nichts.
Dann schickte sie einen Monteur, der nur Russisch sprach, und einen älteren Herrn, der sich meiner Mutter als Armenier vorstellte und übersetzte. Der Kompressor war wieder kaputt. Meine Mutter mochte den Armenier. Er habe sie angesehen und zu ihr gesagt: In Deutschland funktioniert gar nichts mehr.
Ein Eindruck, den meine Mutter zunehmend teilte. Der russischsprachige Monteur und der Armenier nahmen den Kühlschrank wieder mit. Die Firma bestellte einen neuen Kompressor. Als der kam, war niemand da, der ihn einbauen konnte. So verging eine weitere Woche. Der serbische Nachbar meiner Mutter hat Platz in seinem Kühlschrank für ihre Butter gemacht. Sie sei ihm dankbar, hätte aber lieber wieder einen eigenen Kühlschrank, sagte sie mit inzwischen stark zitternder Stimme, als ich sie gestern anrief.
Sie hat ein neues Gerät entdeckt, das weniger kosten würde als die Reparatur, die sie bereits bezahlt hat. Ihr Vermieter hat angekündigt, dass die Heizkosten sich verdoppeln bis verdreifachen werden. Aber erst mal waren in Berlin schon wieder 34 Grad. Es ist nur ein Kühlschrank? Das war einmal.