Berlins Landeskasse setzt auf Raser. Im vergangenen Jahr leisteten schnelle Autofahrer mit über 13 Millionen Euro einen bedeutenden Beitrag zur Sanierung des Haushalts.
Allein mit ihren mobilen Blitzern nahm die Polizei 9.045.448 Euro und 18 Cent ein. Hinzu kommen Einnahmen aus 18 stationären Blitzern: 3.883.809 Euro. Das sind rund 300.000 Euro mehr als im Jahr zuvor. Diese Zahlen gehen aus einer Antwort der Senatsinnenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage der FDP hervor.
Die Kassen klingeln
Die lukrativsten stationären Blitzer sind im Tunnel Britz auf der A100, wo die Kameras im vergangenen Jahr mehr als 109.000 Mal auslösten. Dort kassierte das Land knapp 1,5 Millionen Euro.
Einträglich sind stationäre Geschwindigkeitsmesser auch an Rennstrecken wie etwa der Schildhornstraße in Steglitz, wo es über 28.000 Mal blitzte, oder dem Siemensdamm in Charlottenburg-Nord. Mehr als 23.000 Mal wurden Autofahrer dort geknipst. Den Millioneneinnahmen aus den mobilen und stationären Blitzern stehen lediglich rund 86.000 beziehungsweise 128.000 Euro für die Pflege der Anlagen gegenüber.
Weitere Blitzerstandorte
Weil sie das mit steigenden Unfallzahlen begründet, will die rot-rot-grüne Koalition zehn weitere stationäre Blitzer aufstellen. 143.442 Verkehrsunfälle zählte die Polizei im vergangenen Jahr – 1,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Unangepasste Geschwindigkeit macht laut Polizei jedoch einen immer geringeren Anteil an den Ursachen aus.
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Nur 2612 Unfälle passierten, weil Fahrer zu schnell waren. Vor einigen Jahren war es ein Vielfaches (siehe Grafik). Eine weit häufigere Unfallursache sind laut Polizeistatistik Fehler beim Abbiegen oder Vorfahrtsverstöße.
Derweil haben die Regierungsparteien die Investitionen für die neuen Blitzer bereits in den Doppelhaushalt für dieses und nächstes Jahr eingeplant. Unter anderem bekommen in Treptow-Köpenick das Adlergestell und die Straße an der Wuhlheide neue Blitzersäulen. Auch an der Elsenstraße am Treptower Park sowie an der Mollstraße in Mitte stehen die neuen Standorte schon fest.
535.871 Geschwindigkeitsverstöße
Die Polizei hat 21 Radarwagen – etwa Opel Combo oder VW Caddy–, die unauffällig am Straßenrand stehen. Hinzu kommen 57 fernglasähnliche Handlaser-Messgeräte sowie 23 Videowagen, die während der Fahrt die Geschwindigkeit anderer Autos messen.
Insgesamt stellten die Beamten mit diesen mobilen Geräten im vergangenen Jahr 535.871 Geschwindigkeitsverstöße fest. Ins Verhältnis zu den über neun Millionen Euro Einnahmen gesetzt zeigt sich, dass es meistens geringfügige Überschreitungen waren. Gleiches gilt für die stationären Geräte. Doch die Kleinbeträge summieren sich eben.
„Autofahrer sind für den rot-rot-grünen Senat offenbar Melkkühe“
Das trifft auch für die Parkverstöße zu, die die Gesamtzahl der Verkehrsordnungswidrigkeiten bei der Bußgeldstelle im vergangenen Jahr auf 3,7 Millionen katapultierten. Die Gesamteinnahmen von Verkehrssündern betrugen somit 75,4 Millionen Euro, wie die Innenverwaltung bereits im Februar auf eine Anfrage der Grünen mitteilte. Die Bezirke haben in den vergangenen Jahren ihre Parkzonen massiv ausgeweitet und so eine zusätzliche Einnahmequelle erschlossen.
Den FDP-Abgeordneten Marcel Luthe regt das auf: „Autofahrer sind für den rot-rot-grünen Senat offenbar Melkkühe, bei denen der kleinste Verstoß abkassiert werden kann, um damit kostenlose Infrastruktur für die praktisch gar nicht kontrollierten Radfahrer zu schaffen“, schimpft er. „Sicherheit erreichen wir aber nur, wenn die Einhaltung der Regeln bei allen Verkehrsteilnehmern kontrolliert wird – und da haben wir bei Radfahrern massiven Nachholbedarf.“
Durch den Wegfall von Zehntausenden Parkplätzen habe der Senat eine Situation geschaffen, in der Bürger erst einmal im Dauerstau stehen. „Wer dann zehn Stundenkilometer zu schnell ist, um nach einer Stunde Fahrt halbwegs pünktlich bei der Arbeit anzukommen, wird abkassiert.“