Landesparteitag in Berlin: Linke beschließt „rebellische“ Wohnungspolitik

Berlin - Mieten, mieten, mieten - Auf ihrem Landesparteitag in Adlershof hat sich die Berliner Linke am Samstag vorrangig auf die Frage konzentriert, wie Wohnen in Berlin wieder für die Mehrheit bezahlbar werden kann. „Die Wohnungsfrage ist die zentrale soziale Frage dieser Zeit“, sagte die linke Landesvorsitzende Katina Schubert in ihrer Rede. „Aber wie wir sie angehen ist hochumstritten. Endlich wird darüber bundesweit diskutiert.“ Zu verdanken sei das nicht zuletzt der in Berlin angestoßenen Enteignungs-Debatte.

Kipping: „Treibstoff für eine Radikalisierung nach links“

Die Linke unterstützt die Initiative aktiv und sammelt auch Unterschriften für sie. Allerdings sinken die Zustimmungswerte der Berliner zur Enteignungs-Initiative seit Wochen schon. Schubert lässt sich davon nicht entmutigen, sondern führte die schlechten Werte in ihrer Rede auf „Propagandainitiativen der vereinigten Immobilien-Lobby“ zurück. Dass dennoch „eine große Zahl von Berlinern hinter der Forderung steht, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, so Schubert.

Auch Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Partei, setzt große Hoffnung in die Enteignungs-Debatte als „Treibstoff für eine Radikalisierung nach links“ und lobte die rot-rot-grüne Regierung in Berlin als mögliches Vorbild für den Bund. Kipping geißelte neue Immobilienfonds als „übelste kapitalistische Abzocke“ und forderte, dass auch in anderen Städten über Enteignung diskutiert werden solle. „Wir sind bereit uns zu wehren und dafür werden wir alle Möglichkeiten des Grundgesetzes nutzen“, so Kipping.

Linke einigen sich auf sechs Säulen zur Bekämpfung der Mietpreisspirale

Der Leitantrag des Landesvorstands mit dem Titel „Rebellische Stadtpolitik“ wurde von den 185 versammelten Delegierten mehrheitlich angenommen. In dem Antrag bündelt die Linke sechs bereits bekannte Maßnahmen, die sie als Werkzeuge nutzen will, um die Mietpreisspirale zu stoppen: Erstens sollen öffentliche Grundstücke nicht mehr an Privatunternehmen verkauft und bereits veräußerte Grundstücke zurückgewonnen werden. Zweitens soll der Wohnungsneubau vorangetrieben werden, nicht aber der Neubau hochpreisiger Wohnungen. Drittens sollen Vorkaufsrecht und Milieuschutzgebiete stärker ausgebaut werden. Viertens soll, „wo es möglich und vertretbar ist“, nachverdichtet werden. Fünftens soll ein langfristig wirksamer Mietendeckel so schnell wie möglich umgesetzt werden. Als sechsten Punkt schreibt die Berliner Linke ihre Unterstützung für die Volksinitiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ fest. „Die Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen ist einer von vielen Bausteinen in einer linken Wohnungs- und Mietenpolitik.“

Gegen eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes, wie sie SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Freitag erneut in die Diskussion brachte, sprachen sich Landesvorsitzende Schubert sowie die linke Bausenatorin Katrin Lompscher aus. Der Volksentscheid und das Tempelhofer-Feld-Gesetz aus dem Jahr 2014 seien gültig, eine Randbebauung nur nach einem neuen Volksentscheid möglich.

Investitionen statt Schuldentilgung

Mit absoluter Mehrheit beschloss der Landesparteitag einen Antrag zur Begrenzung der Schuldentilgung. Überschüsse aus dem Haushaltsjahr 2019 sollten als Rücklagen für zukünftige Investitionen gesichert werden, heißt es darin, und nicht als Tilgung der Schulden genutzt werden.

Ebenfalls beschlossen wurden Anträge für Sofortmaßnahmen zur Bekämpfung des Lehrermangels in Berlin (ohne Gegenstimmen), für mehr Platz für den Fußverkehr in der Stadt (ohne Gegenstimmen), gegen die Zerschlagung der Berliner S-Bahnbetriebe (einstimmig), für einen Untersuchungsausschuss zum „rechten Terror“ in Neukölln (einstimmig).

Außerdem sprachen sich die Delegierten des Landesparteitags einstimmig dafür aus, Paul von Hindenburg aus der Liste der Ehrenbürger Berlins zu streichen. Hindenburg war zweiter Reichspräsident der Weimarer Republik und ernannte Adolf Hitler zum Reichskanzler.

Einstimmig solidarisch erklärten sich die Berliner Linken mit dem Fusion-Festival und sprachen sich gegen eine verstärkte Polizeipräsenz auf dem linken Musikfestival in Mecklenburg aus, wie sie in der vergangenen Woche von der Polizei gefordert wurde.