Landtagswahl Brandenburg: Die AfD-Hochburg liegt in Eisenhüttenstadt
Eisenhüttenstadt - Die „erste sozialistische Stadt auf deutschem Boden“ ist nicht mehr rot. Eisenhüttenstadt, diese in den Fünfziger Jahren am Ufer der Oder aus dem märkischen Stand gestampfte künstliche Stadt, war einst von der DDR-Führung zum Symbol für die Vorzüge der neuen Gesellschaftsordnung erklärt worden. Auch nach dem Ende der DDR bekamen Linkspartei und SPD bei Wahlen hier meist deutliche Mehrheiten. Damit ist es vorbei. Eisenhüttenstadt ist jetzt ziemlich blau – die Farbe der Alternative für Deutschland (AfD).
Bei der Landtagswahl am Sonntag siegte die SPD zwar noch mit 27,4 Prozent, sie hatte damit aber sechs Prozent gegenüber 2009 verloren. Die Linke stürzte von 29,2 auf 17,2 Prozent ab. Der Sieger war klar die AfD, die zum ersten Mal antrat und 21,3 Prozent holte. Sie landete damit kurz hinter der ebenfalls gestärkten CDU (21,8 Prozent).
In dem Wahlkreis, zu dem Eisenhüttenstadt gehört, erzielte die AfD das beste Ergebnis in ganz Brandenburg. Landesweit lag sie bei 12,2 Prozent. In Dörfchen Lawitz, gleich vor den Toren der Stadt, holte der AfD-Direktkandidat Wilfried Selenz 26,4 Prozent der Erststimmen und wurde damit Sieger.
„Der Grund ist einfach“, sagt der 53-jährige Geschäftsführer einer Sozialeinrichtung. „Beim Problem mit der Grenzkriminalität fühlen sich die Leute hier von der rot-roten Regierung alleingelassen.“
Nach Angaben des Innenministeriums hat sich die Zahl der registrierten Straftaten in den 24 Kommunen entlang der Grenze zu Polen im Jahr 2013 um fast zehn Prozent erhöht. Wegen der vielen Einbrüche im Dorf haben die Lawitzer vor einigen Monaten eine Bürgerwehr gegründet und laufen nun nachts Streife. Am Ortseingang prangt ein Schild: „Wir schützen uns selbst!!!“ Darunter steht der Satz in Polnisch und Russisch. Seit das Schild da ist, gebe es keine Einbrüche mehr, sagen die Lawitzer.
„Eigentlich liegt das Gewaltmonopol beim Staat“, sagt Wilfried Selenz. „Nicht die Bürger müssen sich selbst schützen, sondern der Staat muss für genügend Polizisten sorgen.“ Er kenne die Leute im Ort nicht persönlich, habe aber seine Flyer verteilt und viel Wahlkampf gemacht. „Sie haben die AfD nicht wegen mir persönlich, sondern wegen unserer Forderungen nach mehr Polizei gewählt. Aber wenn man ein Problem anspricht, das die Leute umtreibt, holen die anderen Parteien die Populismuskeule raus.“
Im Ort wird dies bestätigt. „Ja, ich sage Ihnen: Ich habe diesmal AfD gewählt“, sagt ein Rentner. „Aber ich sage Ihnen nicht meinen Namen.“ Bei der Wahl 2009 habe er ganz bewusst seine Erststimme den Linken gegeben, die Zweitstimme der SPD. „Ich wollte Rot-Rot. Aber die haben versagt. Es wird doch immer schlimmer mit der Kriminalität.“
Er habe sich das Wahlprogramm der AfD durchgelesen. „Für mich sind die keine Rechten“, sagt er. „Oder nur genauso rechts, wie die Linkspartei links ist.“ Er zeigt auf das NPD-Plakat mitten im Ort. Deren Losung: „Wir erhöhen die Sicherheit. Rot-Rot nur die Steuern.“ Der Rentner sagt: „Wenn ich die Extremisten gewollt hätte, hätte ich sie auch gewählt.“