Verführung an der Selbstscannerkasse
Während hierzulande geleerte Flaschen nahezu ausnahmslos recycelt werden, wandern Leergut-Bons nach einmaligem Gebrauch in den Müll. Geht da vielleicht was?

Es ist zugegebenermaßen eine ziemlich steile These. Aber die Datenlage lässt sie zu: Mit Flaschen wissen die Deutschen umzugehen. Von hundert verkauften Getränkebehältnissen landen im Schnitt höchsten zwei im Müll. Sie werden also nahezu ausnahmslos recycelt und kehren meist wiederum als Flaschen in unseren Alltag zurück.
Dass das so gut läuft, ist freilich vor allem dem Flaschenpfand zu verdanken, der auch jene Zeitgenossen an die Leergutautomaten von Supermärkten treibt, für die schon das Verbrennen von Braunkohle, Gas und Öl Recycling ist, weil dabei ja im Grund uralter Baumbestand wiederverwendet wird. Nur zur Klarstellung: Das ist kein Recycling.
Die Rückgabe alter Flaschen hat andererseits aber auch eine Perfektion erlangt, die den zusätzlichen Aufwand erträglich macht, wenngleich (oder weil?) dies mittlerweile ohne menschlichen Kontakt geschieht. Man stopft das wiederzuverwendende Leergut einfach in einen Automaten, der das Zeug scannt, bewertet und sortiert und am Ende einen Bon ausspuckt, dessen Betrag an der Kasse mit dem neuen Einkauf verrechnet werden kann. So weit, so bekannt.
In einem Marzahner Supermarkt erfuhr ich neulich zur eigenen Überraschung, dass in Sachen alte leere Flaschen tatsächlich noch was geht. Nachdem der Leergutautomat gefüttert worden war, dieser seine Leistung mit einer gedruckten Gutschrift quittierte, folgte der Einkauf, der schließlich am Ende an einer langen Schlange vor der einzig besetzten Kasse kurz in die Verlängerung zu gehen drohte. Da nebenan zwei Selbstscanner-Kassen auf Kundschaft warteten, stürzte ich mich beherzt in die neue Bekanntschaft, die sich rasch als unkompliziert erwies, solange ich tat, was sie verlangte. Also präsentierte ich ihr nach und nach den Inhalt meines Einkaufskorbs, den die Maschine erkannte und seine Preise summierte.
Als der Korb leer war, fragte mich die Kasse ohne Kassiererin via Bildschirm, ob ich noch einen Leergutbon hätte. Ich legte den Bon mit dem Streifencode auf den Scanner, es piepte und schon war die Rechnung um 3,25 Euro erleichtert. Perfekt. Die Dame nebenan an der Kasse hätte es nicht besser machen können, den Bon allenfalls lässiger über den Scanner gewischt, um ihn dann in einer Ablage verschwinden zu lassen. Ich aber hielt meine wertvolle Quittung noch immer in der Hand!
Leergutbon reloaded, Kreislaufwirtschaft next level, dachte ich. Es lag an mir, das Stückchen Thermodruckpapier vor dem Müll zu bewahren. Nach einigem Zögern legte ich es vorsichtig noch einmal auf den Scanner. Der Automat piepte und teilte mit, dass der Bon bereits eingelöst worden sei. Ich bin sicher, er hat auch gegrinst. Irgendwie.