Leserbriefe: Berliner Rüpel-Radler kontra Auto-Rambos
Der Streit geht weiter! Die Berliner Zeitung hat über den täglichen Kampf auf der Straße berichtet. Das sagen die Leserinnen und Leser dazu:
Pro: Meine defensive Fahrweise kompensiert Regelverstöße
Titel: „Der tägliche Kampf“ von Peter Neumann (6. Juli)
Wenn ich als (der Straßenverkehrsordnung treuer, täglich zur Arbeit pendelnder Radfahrer, gelegentlich auch Autofahrer) nicht ständig die Regelverstöße von Kraftfahrern durch eine defensive Fahrweise kompensieren würde, wäre ich längst unter der Erde. Aggressive Verkehrsteilnehmer gibt es zu Fuß, im Auto, auf dem Rad.
Martin Winkler, Berlin-Adlershof
Rücksichtslose, ignorante Auto- und Kraftfahrer
Wie viele Autofahrer wurden im letzten Jahr in Berlin durch Fahrradfahrer getötet? Die Antwort ist einfach. Keiner. Auch ich ärgere mich manchmal über rücksichtslose oder ignorante Fahrradfahrer und Fußgänger. Aber am meisten ärgere ich mich über rücksichtslose oder ignorante Auto- und Kraftfahrer. Mindestens alle fünf Minuten. Mir ist auch nicht bekannt, dass ein Radfahrer eine Autospur zugeparkt hat. Anders herum ist das beständig der Fall. Autos parken auf Fahrradwegen und Fußwegen, auf Busspuren, in Einfahrten und Feuerwehrzugängen. Die aufgepinselten Fahrradspuren sind Todesfallen, weil sie Autofahrern suggerieren, sie müssten dann keinen Abstand mehr halten, was bei schmalen Fahrradspuren sehr kritisch ist. Zumal sie auch nicht mehr ausgebessert werden, da sie ohnehin nur Ersatzparkplätze für Autos und Transporter sind.
Christof Ruppin, per E-Mail
Im Baustellenbereich ohne Sicherheitsabstand überholt
Als Radfahrer gerate ich in Berlin mindestens zweimal wöchentlich in ähnliche Situationen, wie die beiden im Video abgebildeten Radfahrer in der Greifswalder Straße, die im engen Baustellenbereich ohne Sicherheitsabstand von einem Lkw überholt wurden. Mir ist seit langem bewusst, welche Negativstimmung es verursacht, Kraftfahrern ihren asphaltierten Lebensraum streitig zu machen. Übrigens wird gegen den besagten Lkw-Fahrer zu Recht wegen Gefährdung des Straßenverkehrs ermittelt.
Dr. Michael Stoeter, Berlin-Staaken
Neulich hat mich ein Auto an den Bordstein gedrängt
Facebook: „Radfahrer in Berlin: Egoistische Ignoranten oder gefährdete Opfer?“ (6. Juli)
Die größte Gefahr für Radfahrer geht nach wie vor von unachtsamen und rücksichtslosen Kraftfahrern aus. Ein respektvoller, aber unachtsamer Autofahrer schädigt einen Fußgänger immer noch schlimmer als der rücksichtsloseste Radfahrer. Neulich hat mich ein Auto an den Bordstein gedrängt. Das hatte ein Kennzeichen. So schnell erfasst und merkst Du dir dieses aber nicht. Kennzeichenpflicht ist ein bösartiger Vorschlag der Autolobby, der die Phantasmen neidischer Nur-Autofahrer bedient und sonst nur von Naivlingen gut gefunden wird. Ein kleingeistiger Versuch von Frustrierten, anderen das Fahrradfahren zu vermiesen.
Daniel Erpelding
Immer etwas auszusetzen an Verkehrsteilnehmern
Ich denke, je nachdem wie man unterwegs ist, findet man immer an anderen Verkehrsteilnehmern etwas auszusetzen. Würde jeder etwas mehr Rücksicht üben, wäre vieles vermeidbar. Dunja Windfuhr
Neuer Sport der Autofahrer ist, nicht mehr zu blinken
Ich glaube, routinierten Autofahrern ist oft gar nicht mehr bewusst, wie aggressiv es unter Autofahrern zugeht. Oft passiert aus purem Glück nichts. Das Radler-Bashing ist ätzend, weil es das Problem nicht annähernd erfasst. Du wirst von vielen anderen Autofahrern geradezu genötigt, die Verkehrsregeln zu missachten. Es sei denn, du bist in der Lage, dir ein sehr, sehr dickes Fell zuzulegen. Ob Abbiegen und Spur wechseln ohne Hinsehen, schneiden, drängeln, Geschwindigkeit übertreten – der neue Sport ist, nicht mehr zu blinken. Es ist alles dabei, was den Verkehr in Berlin kreuzgefährlich macht. In der Regel kommt man auch gut durch den Verkehr, ohne zu drängeln und wenn man mal nen Moment etwas langsamer fahren muss. Lars Kwiatkowski
Es reicht nicht, einen Strich auf der Fahrbahn zu ziehen
Ich fahre seit 20 Jahren in Berlin Rad. Berlin ist keine Fahrradstadt. Liegt aber meiner Meinung an den Radwegen, wenn vorhanden. Es reicht halt nicht, einen Strich auf der Fahrbahn zu ziehen und zack hat man einen Radweg. 70 Prozent der Radwege führen an parkenden Autos entlang, was Dooring-Unfälle begünstigt. Michael Colden
Sobald es zu Stau kam, hat man die Straße erweitert
Als Radfahrer werde ich oft übersehen von abbiegenden Autos. Aber auch werde ich gelegentlich angehupt, weil ich auf der Fahrbahn fahre, manchmal auch da, wo ein Radweg am Gehweg ist. Sofern nicht das Zeichen „Blaues Schild mit einem Fahrrad“ angeordnet ist, habe ich ein Wahlrecht, ob ich auf der Fahrbahn fahre oder auf einem Fahrradstreifen. Aus meiner Sicht hat nicht die jetzige Verkehrspolitik uns dahin geführt, wo wir sind, sondern das war die immer gleiche Antwort der letzten Jahrzehnte. Sobald es zu Stau kam, hat man die Straße erweitert und den motorisierten Individualverkehr dadurch attraktiver gemacht, weil der Autofahrer nun schneller voran kam. Norrin Radd