Klima-Kleber dürfen in Kreuzberger Bezirksräumen agitieren

Die Letzte Generation hält auf dem Dragonerareal Vorträge. Die CDU will das unterbinden lassen.

Zuletzt hatten sich am Montag an der Autobahnausfahrt A100 und A115 Mitglieder der Letzten Generation auf der Fahrbahn festgeklebt.
Zuletzt hatten sich am Montag an der Autobahnausfahrt A100 und A115 Mitglieder der Letzten Generation auf der Fahrbahn festgeklebt.Jörg Carstensen/dpa

Im Stau stehende Autofahrer kochen vor Wut, Politiker empören sich. Doch das grün regierte Bezirksamt Friedrichhain-Kreuzberg hat kein Problem mit den Straßenblockierern der Letzten Generation

Nachdem sich schon die Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) mit den Klima-Klebern solidarisiert hat, dürfen diese in Bezirksräumen auch für ihre Ziele werben.

Auf dem landeseigenem Dragonerareal nahe des U-Bahnhofs Mehringdamm gibt es in einem denkmalgeschützten ehemaligen Stall einer früheren Dragonerkaserne einen sogenannten Kiezraum. Vermieter ist das Bezirksamt und zuständig Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne).

Am 8. und am 16. Dezember konnten Mitglieder der Letzten Generation dort Veranstaltungen abhalten. Die AG Raum, eine Kiezinitiative, hatte die Klimaaktivisten zu Vorträgen eingeladen. Bei den Veranstaltungen waren jeweils circa 40 Personen anwesend. Das geht aus einer von Baustadtrat Schmidt unterzeichneten Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bezirksverordneten Timur Husein hervor. Laut Antwort waren das Vorträge – Vorträge „einer möglicherweise kriminellen Organisation“, wie Husein meint.

Der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt Wansner fordert nun den Senat auf, einzugreifen. „Er muss dem Bezirksamt untersagen, landeseigene Immobilien einer mutmaßlich kriminellen Organisation zu überlassen, die dort vielleicht Nachwuchsgewinnung betreibt“, so Wansner. Er will im nächsten Innenausschuss des Abgeordnetenhauses Aufklärung verlangen.

Bezirksamt: „Kiezraum als inklusiver Ort für nachbarschaftliche Begegnung“

Baustadtrat Florian Schmidt selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Seine Pressestelle teilte aber schriftlich mit: „Dem Bezirksamt ist nicht bekannt, dass die sogenannte Letzte Generation als kriminelle Organisation eingestuft wurde. Hier handelt es sich wohl eher um die persönliche Einstufung durch die Herren Husein und Wansner.“

Von einer „Zusammenarbeit“ mit dem Bezirksamt könne ebenfalls überhaupt keine Rede sein. „Vermutlich hat die AG Raum also Vertreter:innen der Letzten Generation eingeladen, weil es sich um ein derzeit in Berlin ziemlich relevantes und kontrovers diskutiertes Thema handelt.“ Dass Mitglieder der Letzten Generation auch regelmäßig in bundesweit ausgestrahlten Talkshows eingeladen werden, könne hierfür als Indiz dienen.

Der Kiezraum sei als generationsübergreifender, diverser, gemeinwohlorientierter, inklusiver Ort für nachbarschaftliche Begegnung und zivilgesellschaftliches Engagement für vielfältige nachbarschaftliche und soziale Zwecke zu verstehen und zu entwickeln. 

Wohnungsdurchsuchungen und eine Videobotschaft der Bürgermeisterin

Tatsächlich sind verschiedene Politiker der Ansicht, dass es sich bei der Letzten Generation um eine kriminelle Vereinigung im Sinne des Paragrafen 129 des Strafgesetzbuches handele. Im Dezember ließ die Staatsanwaltschaft Neuruppin bundesweit elf Wohnungen von Mitgliedern der Gruppierung durchsuchen. Und die Innenminister der Länder hatten kurz darauf beschlossen, ein bundesweites Lagebild zu den Protestaktionen der Gruppe zu erstellen.

Öffentliche Solidarität bekommt die Letzte Generation dafür von der Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Clara Herrmann (Grüne). Nachdem im Juni vergangenen Jahres die Letzte Generation die Frankfurter Allee in Friedrichshain blockiert hatte, bekannte sie sich per Videobotschaft ausdrücklich zu den Protesten.

In dem Video sagte Herrmann: „Ich bin heute hergekommen, um zu zeigen, dass es eine Solidarität gibt und dass wir gemeinsam anpacken müssen, um die Klimakrise zu bewältigen.“ Sie betonte, dass sie als Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg spreche. Die FDP forderte danach ihren Rücktritt. Als Bezirksbürgermeisterin sei sie Repräsentantin des Staates und dürfe eine unangemeldete Demo nicht unterstützen.