Klimaaktivistin: „Wir wollen zeigen, dass man mit Beton auch Sinnvolles machen kann“

Am Mittwochmorgen blockieren Mitglieder der Letzten Generation die Mühlendammbrücke in Mitte. Neu diesmal: Sie verschütten auch Beton.

Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation schütten Beton auf die Fahrbahn.
Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation schütten Beton auf die Fahrbahn.Paul Zinken/dpa

Lina Schinköthe hat ihre linke Hand auf der Straße festgeklebt. „Ich mache das nicht zum ersten Mal“, sagt die 21-jährige Aktivistin der Letzten Generation. Überraschend ist das nach nun über einem Jahr Aktivismus nicht mehr. Neu ist dabei, dass die Letzte Generation nicht nur durch Klebeaktionen, sondern diesmal auch durch ausgekippten Beton versucht, den Autoverkehr in Berlin zu stören.

Gegen 8 Uhr am Mittwochmorgen starten die Aktivistinnen und Aktivisten auf der Mühlendammbrücke in Mitte ihren Protest gegen die Klimapolitik der Bundesregierung. Einige Mitglieder der Gruppe kleben sich auf der Fahrbahn fest und schütten Beton auf die Straße, um die Brücke durch eine Betonsperre zu blockieren. Wie die Verkehrsinformationszentrale Berlin mitteilt, kam es in dem Bereich zu Verspätungen von 15 bis 20 Minuten.

Sie wollten den FDP-Ministern Christian Lindner und Volker Wissing zeigen, was man „Sinnvolles mit dem Baustoff machen könnte“, anstatt „immer nur neue Autobahnen damit zu bauen“, sagt Schinköthe zu der Aktion. „Es geht auch echter Klimaschutz mit Beton, statt nur sogenannte Klimaautobahnen.“ Sie mache das heute, weil der Kurs in den Klimakollaps noch nicht „festbetoniert“ sei.

Auf der Mühlendammbrücke ist von dem Beton allerdings nach kurzer Zeit nichts mehr zu sehen, nur noch ein paar Schlammpfützen zeugen um kurz nach 9 Uhr von der neuen Protestform. Passanten erzählen der Berliner Zeitung, dass die Polizei den Beton schnell von der Fahrbahn entfernt habe, bevor er hätte hart werden können.

Viele der Umstehenden reagieren verärgert auf die Blockade. Immer wieder hört man Rufe wie: „Verschwindet, ihr Dreckskröten!“ oder: „Das soll Klimaschutz sein?“ Auch Karl-Heinz Isken, ein Passant, verstehe die Aktionen der Gruppe nicht, sagt er der Berliner Zeitung. Isken halte mehr Klimaschutzbemühungen für sehr wichtig, aber das hier sei kontraproduktiv und würde letzten Endes mehr schaden, als Positives bewegen. 

Klimaaktivistin Lina Schinköthe auf der Mühlendammbrücke in Mitte.
Klimaaktivistin Lina Schinköthe auf der Mühlendammbrücke in Mitte.Justus Bonde/Berliner Zeitung

Ähnliches zeigt sich auch in einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Berliner Zeitung. So gaben zwei Drittel der befragten Berlinerinnen und Berliner an, kein Verständnis für die Protestaktionen der umstrittenen Gruppe zu haben.

Letzte Generation spricht von Aktionen in über 20 deutschen Städten

Auch der 18-jährige Berufsschüler Mahmoud sagt, die Aktionen der Letzten Generation halte er für unnötig: „Die Leute kommen zu spät zur Arbeit, regen sich auf und sind am Ende noch gegen den Klimaschutz.“ Auch in seinem Freundeskreis hätte es im letzten Jahr noch mehr Zustimmung für die Letzte Generation gegeben, doch das nehme jetzt immer mehr ab.

Zeitgleich zu der Aktion auf der Mühlendammbrücke verursachte die Letzte Generation Verkehrsblockaden in weiteren deutschen Städten. Nach Angaben der Gruppe gab es seit Anfang Februar ähnliche Protestaktionen in über 20 deutschen Städten. Die Gruppe erklärte jüngst, die Proteste zu verstärken.

In Berlin reagiert die Polizei sehr routiniert auf die Straßenblockaden, mithilfe von Speiseöl sind die meisten der Festgeklebten schnell abgelöst und werden auf zwei extra mitgebrachten Rollbrettern von der Straße befördert. Nur bei Schinköthe und einem Mitstreiter dauert es länger. Um sich gegen die Kälte zu wehren reibt sich Schinköthe während sie auf der Straße sitzt immer wieder mit der freien Rechten über die festgeklebte linke Hand. Wieso es heute so lange dauere, wisse sie selbst nicht, sagt sie, als ihr ein Polizist Aceton unter die Finger pinselt: „Der Kleber reagiert jedes Mal ein bisschen anders.“