Literatur: Erotik-Thriller im Berliner Darkroom

Sophie Andresky ist eine erfolgreiche Erotikautorin. Ihr Roman „Vögelfrei“ hat sich seit 2009 bis heute 225 000 mal verkauft. Der im Januar erschienene Erotikthriller „Darkroom“ liegt in den Verkaufszahlen der ersten Wochen sogar vor dem eigenen Bestseller.

Sophie Andresky hat ursprünglich Geisteswissenschaften studiert. Aus Eigennutz habe sie angefangen, erotische Literatur zu schreiben, sagt sie: „Ich wusste mit 15, dass ich Verbalerotikerin bin. Aber ich konnte nur Pornografisches finden, das Männer für Männer verfasst haben.“ Irgendwann hatte sie davon genug. Wegen klischeehafter Frauenbilder.

Lachen beim Sex

Aber auch, weil männliche Pornografie komplett humorfrei sei: „Dabei ist Sex doch brüllend komisch! Ich hab das mit meinem Mann mehr als einmal erlebt, dass wir mittendrin abbrechen mussten, weil wir so gelacht haben.“ Andresky kann nicht nachvollziehen, wieso die Frauenbewegung die Pornografie den Männern überlässt. Erotische Literatur empfindet die 40-Jährige als etwas „zutiefst Feministisches.“

Nicht nur Erotik, auch Humor und Witz durchziehen den Thriller „Darkroom“. Die Romanhandlung hingegen ist recht düster: Auf den Festen des „Labyrinths“, einer geheimen Swinger-Community in Berlin, vergnügt sich die junge Fiona. Dabei entdeckt sie ein blutiges Geheimnis. „Ich zeige in der Geschichte keine explizite sexuelle Gewalt. Perverse sollen sich nicht an Vergewaltigungen aufgeilen können“. Beim Schreiben hat sie feste Prinzipien, zum Beispiel gäbe es keinen Geschlechtsverkehr ohne Kondome. Das sei „ihr privater Kreuzzug.“

Andresky kann von der Erotik leben. Seit 1997 hat sie 14 Bücher geschrieben und Erzählungen in zahlreichen Anthologien veröffentlicht. Sie verfasst Kolumnen für Playboy, Joy und das Portal joyclub.de. Zu ihrem Erfolg trägt wohl ihr Einfallsreichtum bei. In „Darkroom“ zeigt sich das in der Beschreibung praller Settings. Berlin ist die Kulisse des Thrillers. Denn, so die Autorin: „Manche Sachen gehen nur hier. Dass die Protagonistin in ,Darkroom’, Fiona, nackt und mit Engelsflügeln durch die Straßen läuft – das hätte in Bottrop nicht funktioniert“, sagt Andresky. Vor zwölf Jahren ist sie aus einer mittelgroßen Stadt in die deutsche Hauptstadt gezogen. Mit Berlin sei es die große Liebe, sagt sie. Es passiere ihr jetzt noch, dass sie nachts durch die Stadt fahre und „Ach ja“ seufze.

Keine Fotos der Autorin

Im Text beschreibt ihre Heldin Fiona die Metropole als Irrenhaus: „Hier laufen […]mehr Freaks rum als in anderen Städten auf Station, eine große Freilichtklapse. Was anderswo weggesperrt wird, mache hier eine Ich-AG.“ Das meint die Schriftstellerin positiv. In Berlin sei eben alles möglich: „Wenn ich morgen beschließe, nie wieder erotische Bücher zu schreiben, sondern Hühner züchten will, kann ich das hier machen. Und es gibt bestimmt einen Verein, der das unterstützt.“

Die Hühnerzucht als Lebenserwerb kann man sich allerdings nicht vorstellen bei Sophie Andresky. Ganz stilsichere Dame, holt sie beim Interview mit geübter Geste ein kleines Silberdöschen aus ihrer Handtasche und wirft daraus Süßstoff in ihren Cappuccino. Ins Rampenlicht möchte die Autorin jedoch nicht treten, auch Fotos von ihr gibt es nicht. Aber scheu ist sie auch nicht.

Nachholbedarf

Sie spricht recht laut, ihre Stimme ist eine Spur zu klar, um erotisch zu wirken. Hat sie für ihren Roman selbst in Darkrooms recherchiert? „Wer weiß? Niemand weiß es“, sagt Andresky und lacht wieder dieses satte Lachen, bei dem der Besucher am Nebentisch des Cafés nun trotz Kopfhörer zu der Schriftstellerin herübersieht. Jedenfalls beneide sie Schwule um die vielen Möglichkeiten in Berlin, anonymen Sex in geschützten Räumen zu haben.

Bei Frauen gebe es da jedenfalls Nachholbedarf. Ob Frau dann die Angebote zu freiem Sex annehme, sei wieder etwas anderes. Grenzen zu ziehen ist emanzipiert, stellt Andresky klar. Aber die Möglichkeiten alles auszuprobieren, die müsse es geben. Und das bezieht sie nicht nur auf den Sex, die Erotik, den reinen Verkehr, sondern aufs Leben: „Ich finde in Berlin sehr angenehm, dass man sich nicht festlegen muss. Es ist wie in einer richtig guten Beziehung: Man liebt sich, aber kann sich verändern.“