Literaturnobelpreis: Neuköllner Studentin Rebecka Kärde in Jury berufen
Sie liest und schreibt Gedichte, aber bislang nur für sich. Zu eigenen Veröffentlichungen wird die 27-jährige schwedische Literaturkritikerin Rebecka Kärde in den nächsten Monaten wohl auch keine Gelegenheit finden.
Die seit etwa vier Jahren in Neukölln lebende und an der Humboldt-Universität für ein Master-Studium eingeschriebene Studentin muss zunächst einmal den Nobelpreis retten. Zumindest den für Literatur, der von der Schwedischen Akademie in Stockholm vergeben wird.
Externe neue Juroren für die beschädigten Akademie
In diesem Jahr musste die traditionell im Oktober stattfindende Preisbekanntgabe abgesagt werden, weil die Akademie und deren 18 Mitglieder, die in das einst ehrwürdige Gremium eigentlich auf Lebenszeit berufen sind, sich heillos in Vorwürfe um Korruption und sexuellen Missbrauch verstrickt hatten, die gegen den Ehemann eines Jury-Mitglieds erhoben wurden.
Es hagelte Rücktrittsforderungen und freiwillige Demissionen, und noch immer kann man in der Welt, in der man Bücher liest, nicht sicher sein, ob für 2018 noch ein Preisträger nachgereicht werden wird. Die Zukunft des Literaturnobelpreises ist weiter ungewiss, deshalb hat ja kürzlich das Telefon bei der jungen Schwedin in Berlin geklingelt. Rebecka Kärde gehört zu den externen neuen Juroren, mit deren Hilfe sich die beschädigte Akademie frischen Wind und eine erhöhte Akzeptanz verschaffen will. Warum ausgerechnet durch sie, weiß Kärde auch nicht.
Die Aufgabe ist eine Überforderung – aber das wäre sie wohl auch für Literaturprofis
Im Interview mit der Tageszeitung Die Welt hat Kärde versichert, dass sie keine persönlichen Kontakte zur Akademie habe. So viel Absicherung muss inzwischen wohl sein. Da die für die schwedische Tageszeitung Dagens Nyheter schreibende Journalistin aber bereits einen Kritikerpreis der Akademie erhalten hatte, verfügte man dort wohl auch über ihre Telefonnummer.
Rebecka Kärde ist sich der ihr plötzlich zugewachsenen Verantwortung durchaus bewusst. Sie räumt ein, dass die Aufgabe eine Überforderung sei. Aber das wäre sie wohl auch für erfahrenere Literaturprofis. Erste Gehversuche als Kritikerin hat sie im Kulturteil des schwedischen Blattes Arbetaren unternommen, einer kleinen Gewerkschaftszeitung.
Als Lieblingsautoren nennt sie Thomas Bernhard und Elias Canetti, und die Vergabe des Literaturnobelpreises an den Musiker Bob Dylan hält Kärde zumindest für problematisch. „Rein als Dichter betrachtet“, gestand sie der Welt, „ist er ziemlich mies.“ Für den bevorstehenden Trubel setzt sie auf ihren klaren Kopf und die Anonymität des Berliner Großstadtlebens.