Luxussanierungen in Berlin: Bewohner der Calvinstraße haben wieder Tageslicht

Weil dort über anderthalb Jahre keine nennenswerten Arbeiten stattfanden, hat das Bezirksamt Mitte den Abbau des Baugerüstes vor dem Mietshaus in der Calvinstraße 21 in Moabit durchgesetzt. „Jetzt haben wir wieder Tageslicht in der Wohnung“, sagt Roman Czapara, einer der sechs verbliebenen Mieter. Neun Wohnungen wurden bereits freiwillig geräumt.

Über die in der Calvinstraße umgesetzten und geplanten Modernisierungen wird seit über fünf Jahren auch vor Gericht gestritten. Das Eingreifen des Bezirksamtes Mitte wertet der Anwalt der Mieter, Christoph Müller, als Paradigmenwechsel: „Es ist das erste Mal, dass die Verwaltung nachhaltig zugunsten der Mieter aktiv wird.“ Seit in der Calvinstraße einer älteren Mieterin während des Arztbesuchs die Fenster von Küche und Bad zugemauert wurden, gilt das Haus als Extremfall, was die Schikanen eines Vermieters gegen seine Mieter angeht.

Anwohner beschwerten sich

Nach Auskunft von Thomas Pein vom Straßen- und Grünflächenamt Mitte verfügte der Vermieter bereits seit 2012 über die Sondererlaubnis, für den Aufbau des Baugerüstes in der Calvinstraße öffentliches Straßenland zu nutzen. Eine solche Erlaubnis kostet unabhängig von der genutzten Fläche und der Dauer nach Peins Auskunft einmalig 56,24 Euro. Nach Anwohnerbeschwerden sei der Bezirk im Sommer aktiv geworden. Der Vermieter habe die Notwendigkeit des Baugerüstes nicht nachweisen können, sagt Pein. „Es gab keine Bautätigkeit.“ Die Terrial Stadtentwicklung GmbH selbst wollte zu der Auseinandersetzung mit dem Bezirk am Donnerstag keine Stellung nehmen.

Bei vorausgegangenen Auseinandersetzungen vor dem Landgericht hatte sich die Terrial zumeist durchsetzen können. Trotz jahrelanger Belästigungen durch Bauarbeiten in dem Mietshaus und darum herum hatte die zuständige 63. Zivilkammer vorgenommene Mietminderungen für unzulässig erklärt und eine Revision gegen diese Entscheidung vor dem Bundesgerichtshof nicht zugelassen.

Diese sogenannte Baulückenrechtsprechung, nach der Belästigungen durch Baulärm in der Berliner Innenstadt kein Mietminderungsgrund mehr sind, ist unter Juristen umstritten. Andere Kammern am Landgericht haben anders entschieden. Deswegen haben die Mieter der Calvinstraße Anfang des Jahres Beschwerde beim Berliner Landesverfassungsgericht eingereicht. Der Fall sei in Bearbeitung. Es werde darüber beraten, so Sprecher Reinhard Rudolph. Einen Entscheidungstermin gebe es noch nicht.