Maut: Koalition einigt sich bei Infrastrukturgesellschaft

SPD und Union verständigten sich am Mittwoch im Koalitionsausschuss auch über die geplante Infrastrukturgesellschaft, die künftig die Maut erheben und den Bau und Erhalt der Autobahnen steuern soll. Bei der Gesellschaft, bei der künftig 11.000 Beschäftigte tätig sein werden, werde es keine Versetzung „gegen ihren Willen“ geben, heißt es in dem Papier. Zudem würden „Überleitungstarifverträge angestrebt“.

In dem Papier heißt es auch: „Es wird keine Privatisierung der Bundesstraßen geben“ und eine „Übertragung von Altschulden auf die Gesellschaft wird nicht erfolgen“. Die vom Bundesrechnungshof vielfach als zu teuer gerügten Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) werden „nur auf der Ebene von Einzelprojekten“ erfolgen.

Die Berliner Zeitung hatte enthüllt, dass vor allem das Bundesverkehrsministerium und das Finanzministerium mithilfe der Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen und den Beratern von PricewaterhouseCoopers (PWC) ein Geschäftsmodell für Banken und Versicherungskonzerne erarbeiten ließ. Die Basis dafür bildet die Infrastrukturgesellschaft, die zudem ohne Staatsgarantien gestaltet werden soll, um über diesen Trick die Schuldenbremse zu umgehen.

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Bundestag soll kontrollieren

Kritiker hatten davor gewarnt, dass künftig ganze Autobahnnetze als ÖPP ausgeschrieben werden könnten. Im Papier des Koalitionsausschusses steht nun, dass ÖPP im „Gesamtnetz und bei Teilnetzen ausgeschlossen“ werde. Zudem soll der Bundestag bei der „Gründung und Kontrolle der Gesellschaft eng eingebunden“ werden.

Die für die SPD federführende Haushälterin Bettina Hagedorn sagte  der Berliner Zeitung, „der Koalitionsausschuss ist deutlich von Schäubles Gesetzentwurf abgerückt.“ Sie nannte das Ergebnis einen „guten Zwischenstand, der den Weg in die richtige Richtung markiert“. Der Haushaltsausschuss werde "am Ende alle Lücken geschlossen haben“, sagte sie zu den Gefahren einer Privatisierung der Autobahnen.

Kritiker bemängeln Einigung

Tatsächlich bestehen diese Gefahren nach Einschätzung eines unabhängigen Experten fort, der namentlich nicht genannt werden möchte. Um eine „Privatisierung durch die Hintertür“ zu verhindern, fehle eine verpflichtende Staatsgsgarantie der Gesellschaft. Nötig sei eine Klarheit darüber, dass die Maut über den Haushalt verrechnet werde. Der Bundestag müsse nicht nur kontrollieren, sondern auch die Investitionen steuern. Das Verbot für ein Netz von ÖPP-Autobahnen müsse zudem grundgesetzlich verankert werden, so der Fachmann.

Geheimverträge mit Beratern enthüllt

Auch der Bauingenieur Carl Waßmuth von der Organisation Gemeingut in BürgerInnenhand betont, dass diese Beschlusslage nichts Wesentliches ändere. "Wenn das wirtschaftliche Eigentum an den Autobahnen an die Infrastrukturgesellschaft übergeht, kann keine Privatisierung mehr gestoppt werden", sagte er der Berliner Zeitung.

Ähnlich äußerte sich auch der Haushälter der Grünen. "Zwei entscheidende Hintertüren für die Privatisierung der Autobahnen tauchen in der Einigung gar nicht auf. Die Gesellschaft soll weiterhin kreditfähig sein und auch stille Beteiligungen und Genussscheine werden nicht ausgeschlossen", sagte Sven-Christian Kindler.

Zum Modell, das die privaten Berater im Auftrag des Verkehrsministerium erarbeitet hatten, gehört, dass die private Gesellschaft ein Recht an den Autobahnen vom Bund gegen eine finanzielle Gegenleistung erwirbt. Entwickelt wurde auch ein Geldkreislauf, der sich auch aus der PKW-Maut speisen soll. Die Gesellschaft solle so konstruiert werden, dass sie am Kapitalmarkt Kredite aufnehmen dürfte. Das würde für die Bürgerinnen und Bürger deutlich teurer, als wenn dies staatlicherseits geschähe.

Das Finanzministerium könnte durch diesen teuren Trick den Haushalt um schätzungsweise 100 Milliarden Euro entlasten. Teuer deshalb, weil mit Staatsgarantie die Bonität steigt und die Zinsen sinken. Kaum ein Gläubiger hat eine höhere Sicherheit zu bieten als der deutsche Staat.